© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

Immer mehr Rentner müssen Einkommensteuern bezahlen
Der Fiskus vergißt niemanden
Jens Jessen

Immer mehr Rentner finden unangenehme Post in ihrem Briefkasten. Sie kommt vom Finanzamt, das sie auffordert, für die vergangenen Jahre Steuern auf ihre Rente – einschließlich der angefallenen Zinsen – nachzuzahlen. Zu verdanken haben sie das der rot-günen „Agenda 2010“, die nicht nur die Hartz-Gesetze, sondern auch eine Revolution im Rentenrecht (Riester & Co.) brachte. Flankenschutz lieferte zudem ein Verfassungsgerichtsurteil, das die unterschiedliche Besteuerung von Pensionen und gesetzlichen Renten monierte.

Das 2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz ist nun Grundlage der Finanzamtsnachforderungen. Und weil es die persönliche Identifikationsnummer gibt, mit der die Einkünfte der Rentner von der Rentenversicherung an die Finanzämter gemeldet werden, wird niemand vergessen. Fünf Millionen Rentner müssen bereits zahlen, darunter auch Altrentner für ihre Rentenerhöhungen. Wer jetzt in Rente geht, muß schon 66 Prozent versteuern, 2020 sind es 80 Prozent. Ab Eintrittsjahr 2040 wird die komplette Rente steuerpflichtig.

Viele Rentner sind verunsichert. Wer muß überhaupt eine Erklärung abgeben? Worauf wird die Steuer berechnet, wieviel darf man steuerfrei behalten? Die Steuerbehörden haben inzwischen Millionen von Rentenbezugsmitteilungen erhalten und so fließen jährlich über 20 Milliarden Euro von Rentnerkonten zum Fiskus – Tendenz steigend. Außerdem kommen jedes Jahr etwa 1,2 Millionen Neurentner hinzu. Ein großer Teil der Rentner hat sich auch unzureichend mit der Altersvorsorge befaßt. Viele haben ihre finanzielle Zukunft nicht hinterfragt, da Politik und Medien stets verkündeten, private und betriebliche Zusatzvorsorge würden das zu erwartende Minus bei der gesetzlichen Rente ausgleichen.

Die diversen Reformen haben aber tiefe Einschnitte bei den Alterseinkünften gebracht. So wurde beispielsweise die rentensteigernde Anrechnung von Ausbildungszeiten zusammengestrichen. Durch solche Kürzungen blieb der Rentenbeitragssatz unter 20 Prozent. Doch gleichzeitig gefährdet die Finanz- und Euro-Krise private Altervorsorgemodelle, die die tiefen Einschnitte in der gesetzlichen Rente ausgleichen sollten. Die Bundesregierung verbreitet daher zur Beruhigung die Mär, die meisten Rentner wären gut versorgt. Diese Aussage beruht auf Durchschnittswerten, und nur die Hälfte der Rentner profitiert von betrieblicher und privater Vorsorge.

Das Arbeitsministerium warnt zumindest vor künftiger Altersarmut. Die geplante Senkung des Rentenniveaus von 51 auf 41 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns im Jahr 2030 bringt nicht nur Geringverdienern einen kargen Lebensabend. Selbst viele, die jahrzehntelang ins Rentensystem eingezahlt haben, werden kein auskömmliches Einkommen mehr haben – aber dafür vielleicht vom Finanzamt verschont.

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