© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

Die Bundesbank sorgt sich und sorgt vor
Euro-Krise: Finanzminister Schäuble muß sich mit 664 Millionen Euro vom Bundesbankgewinn begnügen
Klaus Peter Krause

Bis zur Sparerenteignung in Zypern vermittelten Politiker und viele Medien den Eindruck, die Finanzkrise habe sich beruhigt. Doch die Schulden- und Euro-Krise ist keineswegs vorbei. Und die Geldsystemkrise, die damit letztlich zum Ausdruck kommt, schon gar nicht. Das offenbart sich auch daran, daß die Bundesbank in diesem Jahr an den Bundeshaushalt von Finanzminister Wolfgang Schäuble nur 664 Millionen Euro Gewinn ausschüttet.

Der Grund: Die Bundesbank sorgt sich und sorgt vor. Sie sieht höhere Risiken und hat daher für „allgemeine Wagnisse“ zusätzliche Rückstellungen gebildet. Die Pflicht dazu besteht, wenn im neuen Geschäftsjahr oder Folgejahren zwar mit Zahlungen zu rechnen ist, die aber in ihrer Höhe und Fälligkeit noch unbekannt sind. Wenn dann später der Zahlungsfall eintritt und sich damit konkretisiert hat, wie hoch der Betrag (aus einer Verbindlichkeit oder einem Verlust) wirklich ist und wann er fällig ist, wird er aus den Rückstellungen beglichen. Als Bundesbankpräsident Jens Weidmann vergangene Woche den Jahresabschluß 2012 der Bank vorstellte, zeigte sich, daß die Bank erhebliche zusätzliche Ausfälle bei vergebenen Krediten und angekauften Wertpapieren für sehr wahrscheinlich hält, denn diese Positionen sind 2012 erheblich gestiegen. Die Notenbank erklärte diese Ausfälle mit riskanten Geschäften im Auftrag der Europäischen Zentralbank (EZB). Daher hat sie ihre Rückstellungen in der Jahresbilanz um 6,7 auf 14,38 Milliarden Euro erhöhen müssen. Deutlich zugenommen hat nämlich nicht nur der Umfang, sondern auch der Risikogehalt der Refinanzierungsgeschäfte.

Es ist die dritte Aufstockung der Rückstellungen für „allgemeine Wagnisse“ hintereinander und zugleich die höchste. In den beiden Vorjahren sind es 3,57 und 7,71 Milliarden gewesen. Die Kredite an Geschäftsbanken haben die Notenbanken aus Krisengründen immer großzügiger vergeben. Dabei sind die Standards für Sicherheiten, die die Geschäftsbanken für die Kredite hinterlegen müssen, mehrfach gesenkt worden. Entsprechend zugenommen hat das Ausfallrisiko. Es sieht danach aus, als fürchte die Bank, daß sich die Euro-Krise verschärft.

Zwei Drittel der zusätzlichen Rückstellungen entfallen nach Angaben von Weidmann auf Risiken, die sich aus Notenbankkrediten an Geschäftsbanken im Euro-Raum ergeben. Das restliche Drittel soll jene Risken abdecken, die von Staatsanleihen ausgehen, die die Notenbanken von den Euro-Krisenländern (wie Griechenland, Italien, Spanien) gekauft haben. Diese Käufe hätten sich im Jahresdurchschnitt 2012 verdoppelt, sagte Weidmann. Er nannte dieses Drittel „eine sehr riskante Bilanzposition“.

Die Bundesbank handelt richtig. Besser, sie baut mehr vor als zuwenig. Käme es nämlich ganz schlimm, würde sie sonst einen Verlust ausweisen müssen. Träte das Schlimme nicht ein und hätten sich die Risiken dereinst vermindert, könnte sie die Rückstellungen auflösen, und ihr Gewinn schnellte in die Höhe. Aber wenn die Bank ihre Risikovorsorge nun so stark erhöht hat (und erhöhen mußte), dann zeigt das, für wie ernst sie die Schuldenlage von Staaten und Banken im Euro-Raum nach wie vor hält. So hoch ist diese Vorsorge bei ihr noch nie gewesen.

Doch die Rückstellungen drücken den Gewinn. Ohne sie hätte sich Schäuble an einer Ausschüttung von über 7,3 Milliarden Euro laben können, nun muß er sich mit 664 Millionen begnügen, selbst wenn es 21 Millionen mehr sind als im Vorjahr; damals waren dem Bundeshaushalt 643 Millionen als Gewinn der Bundesbank zugeflossen. Ursprünglich veranschlagt hatte der Finanzminister eine Ausschüttung von 1,5 Milliarden. Was am Veranschlagten fehlt, muß er sich nun woanders holen.

Aber auch die 664 Millionen zerrinnen Schäuble unter den Fingern, denn viel davon bleibt nicht übrig. Der größte Teil nämlich geht drauf für die deutsche Zahlungsverpflichtung zur jüngsten Schuldenerleichterung für Griechenland, denn die Regierungen der Euro-Staaten haben sich verpflichtet, Gewinne ihrer nationalen Notenbanken aus dem Kauf griechischer Staatsanleihen an Griechenland durchzureichen.

Für Deutschland sind es jetzt 599 Millionen, auf die Griechenland einen Anspruch hat. Man mag darüber spekulieren, ob die Bundesbank ihren Rückstellungsbetrag ungefähr an der Höhe der fälligen deutschen Zahlungsverpflichtung für Griechenland ausgerichtet hat, um neben den vielen verbalen Warnungen ihres Präsidenten auch noch ein öffentlich wahrnehmbares indirektes Warnzeichen zu setzen. Immerhin ist die Bank darin frei, wie sie ihre Risiken bewertet und dabei mögliche Spielräume nutzt. Aber selbst wenn es so wäre, wird es die Bank auf Nachfrage wohl dementieren. Das Finanzministerium jedenfalls stellt es als reinen Zufall dar, daß beide Beträge (664 und 599 Millionen) sich so wenig unterscheiden.

Ziemlich sicher dagegen ist dies: Die schönen Jahre aus dem zurückliegenden Jahrzehnt, als die Bundesbank den Bundesetat jährlich mit zwei bis sechs Milliarden beglückt hat, sind erst einmal vorbei. Die Ausschüttung jetzt ist die drittkleinste seit 2003. Die größte hat es 1997 noch zu D-Mark-Zeiten gegeben. Damals erzielte sie einen Gewinn von umgerechnet über zwölf Milliarden Euro.

Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank:

www.bundesbank.de

Foto: Bundesbankpräsident Weidmann mit Minister Schäuble (r.): Die Euro-Krise bescherte den Währungshütern sehr riskante Bilanzpositionen

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