© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/13 / 05. April 2013

Blick in die Medien
Sind Netto und Penny wichtiger als die Leser?
Toni Roidl

In einem alten Schlager hieß es „Video killed the radio star“ (Video hat den Radiostar getötet). Töten die Supermärkte jetzt die Tageszeitungen?

Die WAZ-Zeitungsgruppe (neuerdings Funke-Mediengruppe) hat weitere 200 Stellen gestrichen. Begründung: Die Discounter werben immer weniger mit Zeitungsanzeigen. Beispiel Aldi: Aldi Süd und Nord verzichten schon seit Jahren auf ganzseitige Zeitungsinserate, die den Verlagen früher hohe Werbeeinnahmen beschert haben.

Auslöser war ein Anzeigenboykott von Aldi Süd nach einem negativen Bericht der Süddeutschen Zeitung über angeblich „schikanöse Arbeitsbedingungen“ und „massive Behinderungen“ bei der Gründung von Betriebsräten. Der SZ entgingen daraufhin Erlöse in Millionenhöhe.

Aldi setzt seitdem auf die Direktverteilung von Handzetteln an die Haushalte. Lidl, Penny und Netto investieren ihre Budgets in Radiowerbung. Laut Lebensmittelzeitung schalten Manager immer seltener Zeitungsanzeigen, weil sie damit immer weniger Leser erreichen. Analysen bestätigen, daß in vielen Regionen nur jeder zweite Haushalt mit der Tageszeitung erreicht wird.

Auch bei anderen Verlagen werden Redaktionen geschlossen, Lokalausgaben eingestellt. Ein mögliches Modell ist, die Tageszeitung wochentags als kostenlose Leichtversion nach Art der Gratis-Verbraucherzeitungen zu verteilen, um wenigstens von den Reklame-Beilegern zu profitieren und am Wochenende eine dicke Verkaufsausgabe anzubieten. Doch die Skepsis über das Funktionieren dieses gewagten Konzeptes hat die Verleger wohl selbst bisher davor zurückschrecken lassen.

Die WAZ-Geschäftsführung beklagt, daß sich die Anzeigenerlöse „dramatisch verringert“ haben. Das zwinge nun zum Sparen. Sollten sich die Verleger nicht besser fragen, warum sie so abhängig von „Schweinebauch 1,99“-Anzeigen sind? Und vor allem, warum immer weniger Leute ihre Zeitungen lesen wollen?

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