© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/13 / 05. April 2013

Frisch gepresst

Gottfried Benn. Nach zehn in der „Inneren Emigration“, im Schutz der Wehrmacht verbrachten Jahren, kehrte der Militärarzt Gottfried Benn im Mai 1945 in ein Zivilleben zurück, das der notorische Melancholiker zwar selbstredend als „glückverhangen“ empfand, das diesen Klassiker der Moderne aber auch binnen weniger Monate zu einem der am meisten gelesenen Autoren der westdeutschen Nachkriegsära machte. „Der unbehauste Mensch“ (Hans Egon Holthusen) der Stunde Null griff zur Prosa und zur bildungssatten Lyrik des Berliner Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten, obwohl dessen Botschaften wenig Tröstliches parat hielten. Trotzdem ist die lange andauernde Faszinationskraft des „späten Benn“ zu konstatieren. Zehn jüngere Germanisten, die sich mit dieser letzten Schaffensphase des 1956 gestorbenen „Radardenkers“ befassen, ohne freilich zu neuen Ufern vorzustoßen, scheinen immerhin eine seiner düstersten Befürchtungen zu widerlegen, der zufolge Generationen vor der Tür stünden, die geistig so bedürfnislos sein werden, daß ihnen Gedichte, Literatur, Kunst „sehr fremd“ oder einfach egal sind. (mb)

Elena Agazzi, Amelia Valtolina (Hrsg.): Der späte Benn. Poesie und Kritik in den 50er Jahren. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2012, gebunden, 169 Seiten, 29 Euro

 

Merkel-Thriller. Wer „Die Patin“ von Gertrud Höhler nicht gelesen hat, kann hier zur Kurzversion eines Thrillers greifen: dem neuesten Geniestreich des Karikaturisten und Satirikers Bernd Zeller. Wer dessen Autobiographie Osama bin Ladens „Ein Leben für den Terror“ kennt oder die vor einigen Jahren erschienenen Pardon-Ausgaben, die – anders als Titanic oder Eulenspiegel – respektlos politische Korrektheit bloßstellten und Zeichnungen putziger islamistischer Selbstmordattentäter präsentierten, weiß, daß der neue Band „Lost Merkel“, der „die verrückte Entführung der unheimlichen Kanzlerin“ nachzeichnet, eine prophetische Lektüre ist. Bevor Bettina Wulff am 26. April vor Gericht gegen Google antritt, richtet sie die Waffe auf Merkel, um dem Autor Zeller das Leben zu retten: „Keine Bewegung, Frau Bundeskanzlerin, ich habe im Lauf eine vom Papst geweihte Silberkugel und ziele genau auf Ihr Herz“. Zum Glück, denn Zeller zielt auf unser Zwerchfell mit makabrer, bestens begründeter Boshaftigkeit. (cd)

Bernd Zeller: Lost Merkel. Die verrückte Entführung der unheimlichen Kanzlerin. Solibro Verlag, Münster 2013, broschiert, 112 Seiten, Abbildungen, 8,95 Euro Taylors Beurteilung ein Körnchen Wahrheit steckt?

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