© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/13 / 12. April 2013

Prozeß gegen Jugendpfarrer Lothar König
Mangelnde Distanz
Hinrich Rohbohm

Hat der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König linke Demonstranten zu Gewalttaten gegen Polizeibeamte angestachelt? Diese Frage hat derzeit das Dresdner Amtsgericht zu klären. Daß der 59jährige eng im linksradikalen Milieu verbunden ist und auch die von ihm betreute Junge Gemeinde entsprechende politische Signale aussendet, kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden.

Mediale Vorverurteilungen sind deshalb jedoch ebenso unangebracht wie die Verklärung durch manche Journalisten, die König lediglich auf eine „widerborstige“ Persönlichkeit reduzieren wollen, und ihn als jemanden darzustellen versuchen, der vor den Gefahren der drei aus Jena stammenden mutmaßlichen NSU-Terrorzellenmitglieder schon in den neunziger Jahren gewarnt habe. Letzteres mag so gewesen sein, hat aber mit den König nun zur Last gelegten Taten nichts zu tun.

Daß einige Medienvertreter mit dem Angeklagten-Umfeld am Rande des Prozesses zudem ganz offen kooperieren und sogar Internetverweise auf linksradikale Unterstützerseiten für den Beschuldigten veröffentlichen, zeugt ebenso von mangelnder Distanz wie schon die zur Prozeßeröffnung vom Mitteldeutschen Rundfunk vorweggenommene Feststellung, daß König jemand sei, dem die Demonstrationsfreiheit „heilig“ ist. Inwieweit sich der Theologe an die Spielregeln dieser Demonstrationsfreiheit gehalten hat, müssen die Richter entscheiden.

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