© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/13 / 12. April 2013

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
„Von sich aus verbrecherisch“
Henning Hoffgaard

Die Grüne Jugend hat zwei Probleme. Sie steht im Schatten ihrer Mutterpartei und beschäftigt sich meist mit Themen, die bestenfalls nur ihre eigenen Mitglieder interessieren. Um trotzdem ein wenig Aufmerksamkeit zu erheischen, bleibt nur eines: Provokation. In Augsburg forderte der dortige Ortsverband der Nachwuchs-Grünen eine Aufhebung des Inzestverbotes für Geschwisterpaare („Liebe endlich legalisieren!“), und der Bundesverband bekannte sich zum Linksextremismus. Wirklich überraschend sind die beiden Vorstöße allerdings nicht.

Bei der pünktlich am 1. April gestarteten Kampagne „Ich bin linksextrem, weil ...“ von Grüner Jugend und dem Nachwuchs der Linkspartei Solid sollen sich deren Mitglieder zu ihrer Einstellung bekennen und diese auch begründen. Auf einer extra eingerichteten Internetseite finden sich dann Sprüche wie: „Ich bin linksextrem, weil ich vom schönen Leben träume und mich politisch gegen alles engagiere, was dem schönen Leben im Weg steht.“

Frei nach dem Motto: Eigentlich kann es gar keinen Extremismus von links geben. Ob die eingesendeten, bemüht kreativen „Outings“ von echten Personen kommen oder einem Computer entstammen, der die Worte „Vielfalt“, „bunt“ und „gegen Nazis“ in einen mehr oder weniger sinnvollen Zusammenhang gewürfelt hat, muß sich noch herausstellen. Hier und da rutscht einem der Einsender dann doch ein bißchen Wahres heraus. „Faschist*innen gehören bis zur vollständigen Genesung in Sicherheitsverwahrung“, schreibt etwa Johannes Schubert und streift in seinem Text verbissen die Themen Sitzblockaden, Aufhebung der „Geschlechtereinteilung“, Sozialismus, Faschismus und Veganertum.

Mehr Humorlosigkeit geht eigentlich nicht. Für die politischen Konkurrenten war die Aktion ein gefundenes Fressen. „In ihrer Kampagne werden die linksextremistische Ideologie und damit auch die in dessen Namen begangenen Verbrechen vollkommen verharmlost“, teilte die Schüler Union mit. Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe meldete sich zu Wort: „Von der Gewalt der Spartakisten über den Staatsterror der DDR und den Terrorismus der RAF bis zu den Krawallen der Linksautonomen im ‘Schwarzen Block‘ von heute zieht sich ein roter Faden.“ Die Jungen Liberalen (Julis) konterten mit einer eigenen Kampagne mit dem Namen: „Ich bin demokratisch!“ Der Grundtenor: „Ich bin demokratisch, weil Extremismus keinen Platz in der Gesellschaft hat.“ Beide Gruppen liefern sich nun auf Facebook einen Wettbewerb um die meisten „Gefällt mir“-Klicks.

Noch liegen die Linksextremisten mit über 2.000 Sympathisanten knapp vor den Demokraten mit etwa 1.000. Daß es überhaupt zu Kritik an der Grünen Jugend kam, hat zumindest die Sprecherin der Grünen in Hamm und Bundestagskandidatin Marie Dazert sichtlich überrascht. Sie selbst wisse zwar, daß viele Verbrechen im Namen der Linken begangen wurden, „aber links ist für sich genommen noch nicht verbrecherisch. Wohingegen rechts sehr wohl von sich aus verbrecherisch ist“. Noch Fragen?

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