© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/13 / 12. April 2013

Zeitschriftenkritik: Skeptiker
Skepsis den Skeptikern
Werner Olles

Kein vernünftiger Mensch kommt wohl auf den Gedanken, eine Lungenentzündung allein mit homöopathischen Globuli und Fencheltee zu heilen. Auch ist es durchaus verdienstvoll, vor der Annahme, daß Naturheilmittel prinzipiell keine Nebenwirkungen hätten, zu warnen. Kritisch auseinandersetzen muß man sich ebenfalls mit der Neigung vieler Konsumenten, sich im Supermarkt mit frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln einzudecken, die oft genug atemberaubend hoch dosiert sind und gesundheitliche Schäden anrichten können. Und natürlich sollte niemand gezwungen werden, an Ufos, von Außerirdischen konstruierte Kornkreise, Gedankenlesen, Psychoanalyse oder an das Ungeheuer von Loch Ness zu glauben. Wer dies dennoch tun möchte, dem sei das allerdings unbenommen, allein schon deshalb, weil man niemandem den Spaß verderben sollte.

Überhaupt keinen Spaß versteht in diesem Zusammenhang jedoch die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V. (GWUP). Mit aufklärerischer Vehemenz zieht sie im Skeptiker, der vierteljährlich erscheinenden „Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken“, gegen „die psychosozialen Hintergründe paranormaler Überzeugungssysteme“ zu Felde, um „auf möglicherweise problematische Konsequenzen von pseudowissenschaftlichen Thesen hinzuweisen“. Von den „Mythen der sanften Medizin“, den Homöopathika und Anthroposophika, der Akupunktur und traditionellen Volksmedizin über afrikanischen Hexen- und Dämonenglauben bis zur Graphologie, die die „Forschung längst in die Mottenkiste widerlegter Theorien versenkt hat“, reicht die Liste all jener Phänomene, die der Skeptiker im Zweifelsfall für „esoterischen Mummenschanz“ hält.

Daß dabei etwas zu oft das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird und skeptisches Denken doch auch die eigenen – wenngleich wissenschaftlich evaluierten – Denkmethoden und Aussagen kritisch zu reflektieren hat, kommt hier entschieden zu kurz. Bei allem Verständnis für eine gesunde Skepsis gegenüber manch alternativen Heilmethoden, bei denen es tatsächlich in nicht wenigen Fällen nur ums Geldmachen oder um die Eitelkeit selbsternannter Heiler geht, sind mitunter Zweifel an der Schulmedizin durchaus angebracht, was von kritischen Medizinern auch nicht bestritten wird. Beispiele hierfür sind etwa die Vielzahl völlig unnötiger Knie- und Rückenoperationen oder Herzkatheteruntersuchungen, ganz zu schweigen von zahlreichen Fehldiagnosen.

Wenn also Leo Igwe, der Vorsitzende der Nigerian Skeptics Society, in seinem Beitrag „Ein skeptisches Manifest für Afrika“ seine Landsleute aus „geistiger Sklaverei“ befreien und die „Flamme der Aufklärung“ entzünden will, da die Mehrzahl „unfähig zum freien Denken und zum kritischen Nachfragen“ sei, dann wird deutlich, daß es Fanatiker und Fundamentalisten nicht nur bei den Anhängern der Parawissenschaften gibt. Ein wenig Abrüstung in Sachen Aufklärung könnte daher hier nicht schaden.

Kontakt: GWUP, Arheilger Weg 11, 64380 Roßdorf. Das Einzelheft kostet 6 Euro, ein Jahresabo 26 Euro.

www.gwup.org

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