© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/13 / 19. April 2013

Turbulente Hauptversammlung der Daimler-Aktionäre in Berlin
Stuttgarter Genderdiktat
Ronald Gläser

Daimler baut mit die besten Autos der Welt, macht Milliardengewinne und beschäftigt Hunderttausende weltweit. Wer sich mit so einem Riesenkonzern beschäftigt, verliert schnell das Unternehmensziel aus den Augen. So drehte sich die diesjährige Aktionärsversammlung stark um Spartenthemen, die mit dem eigentlichen Unternehmensziel wenig zu tun haben. Oder schlimmer noch: ihm entgegenstehen.

Firmenchef Dieter Zetsche behauptete, die Frauenquote sei sinnvoll. „Wir machen Diversity Management nicht, weil es politisch korrekt, sondern sozial und wirtschaftlich wichtig ist.“ Teile der Belegschaft sehen das jedoch anders, wie ein Blick in das Intranet der Stuttgarter zeigt. Die Wirtschaftswoche berichtet, daß es dort zur Kontroverse über das Frauenförderunwesen gekommen ist. Daimler hat sich verplichtet, bis 2020 zwanzig Prozent seiner Chefposten mit Frauen zu besetzen. Und „jede zweite Nachwuchskraft soll aus dem Ausland kommen“, so Zetsche. 200 Mitarbeiter schimpften in dem Firmennetzwerk über die dafür  zuständige Abteilung. „Die Mehrheit von uns hält nichts von Eingriffen in das Leistungsprinzip“, schrieb ein Daimler-Beschäftigter.

„Bei kontroversen Diskussionen darf man nicht gleich einknicken“, rechtfertigte sich Zetsche vor den Eigentümern. Diese Debatte wurde auch durch mehrere Aktionärsvertreter fortgesetzt, die sich sowohl sarkastisch („Wir brauchen eine Förderung der Übergewichtigen im Vorstand, die Herren da sehen alle so durchtrainiert aus“) als auch sachlich mit dem Genderdiktat auseinandersetzten. Zetsche und Aufsichtsratschef Manfred Bischoff wiegelten jedoch ab und verteidigten sogar Andrea Jung, unter deren Ägide der Avon-Marktwert abstürzte und die laut Bloomberg Businessweek zu den fünf schlechtesten Managern 2012 gezählt wurde. Bischoff begründete die Wahl der chinesischstämmigen Kosmetikexpertin so: „Automobile Kompetenz ist in den unteren Ebenen wichtig, nicht im Aufsichtsrat. Da bauen wir ja die Autos nicht.“ Das ist dann wohl Management by Quoten­erfüllung. Applaus haben sie dafür von den Aktionären kaum erhalten.

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