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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/13 / 19. April 2013
Blick in die Medien Wer bei RTL 2 eine Doku über das Rotlichtmilieu sieht, weiß meistens, daß er eine Inszenierung vorgesetzt bekommt. Aber im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Wenn es um ein gesellschaftspolitisch brisantes Thema geht? Der Hessische Rundfunk hatte eine Reportage über Zeitarbeitnehmer bei Amazon produziert. Tendenziöser Titel: „Ausgeliefert“. Das Sozialdrama verpaßte dem Unternehmen einen dicken Ausbeuter-Anstrich. Wie Amazon die Spitzen des Weihnachtsgeschäftes ohne Leiharbeiter bewältigen soll, interessierte die GEZ-Journalisten nicht. Sie empörten sich über den Stundenlohn von 8,52 Euro. Daß der Mindestlohn für Zeitarbeit bei 8,19 Euro liegt, vergaßen sie zu erwähnen. Da sich die Leiharbeiter keineswegs ausgebeutet fühlten, halfen die HR-Reporter nach. Die Aussagen einer Beschäftigten wurden ins Gegenteil umgedreht. Das Nickerchen einer Frau auf dem Sofa wurde mit dem Kommentar unterlegt, sie habe nicht mal ein Bett. Doch schon bald kippte den Machern ihre Kulisse des finsteren Kerkers fieser Kapitalisten um. Die „Hauptdarstellerin“ beklagte, falsch zitiert worden zu sein. Zudem wurde bekannt, daß die Wanderarbeiter nicht, wie behauptet, im Keller des Hotels essen mußten – weil es diesen Keller dort nicht gibt. Der von Amazon mit der Unterbringung beauftragte Dienstleister aus Leipzig erwirkte gegen den HR eine einstweilige Verfügung wegen Schmähkritik. Die „Dokumentation“ darf in der Mediathek nur noch ohne die Keller-Passage zugänglich gemacht werden. Der Sender wehrte sich mit der Berufung auf eine angebliche Zeugin. Nun legt der Klägeranwalt nach. Nach seiner Darstellung haben die Qualitätsjournalisten auch die Zeugin „Agnieszka Lewandowska“ samt ihres angeblichen Hilferufs per E-Mail an das Fernsehteam frei erfunden. Die wahre Quelle war ein Busfahrer, der nie bei Amazon beschäftigt war. Danke, Demokratieabgabefernsehen. |