© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/13 / 03. Mai 2013

Italiens neue Regierung will weniger sparen
Traditionelle Verachtung
Bernd-Thomas Ramb

Der neue italienische Staatspräsident, der mit 87 Jahren wiederge-wählte Giorgio Napolitano, war nicht nur der einzige Kandidat, der im sechsten Wahlgang eine Mehrheit der Abgeordneten auf sich vereinigen konnte. Ihm ist es auch gelungen, mit Enrico Letta einen Ministerpräsidenten zu küren, der eine große Koalition aus der linksdemokratischen Partei, der rechten Partei Berlusconis und der EU-orientierten Reformpartei des vorherigen Ministerpräsidenten Mario Monti schmieden konnte – sofern in Italien etwas politisch geschmiedet werden kann. Die italienische Tradition des Irgendwie-Zustandebringens, auch unter den chaotischsten Umständen, ist also gewahrt.

Ebenfalls mit Blick auf alte italienische Regierungsbräuche liegt es nahe zu vermuten, daß diese Konstellation nicht lange hält. Insbesondere darf bezweifelt werden, ob die Koalition trotz ihrer Größe tatsächlich die vom Staatspräsidenten erhofften großen Reformen realisieren wird. Mehrheitlich einig dürften sich die Beteiligten allerdings darin sein: Der von der Eurogruppe wie der EZB bislang vorgeschriebene rigide Sparkurs wird schnellstens ausgesetzt. Das deckt sowohl die Vorstellung des rechten wie des linken Partners, Monti dazwischen wird zerrieben. Italien behält damit seine traditionelle Verachtung jeglicher Geldstabilität bei.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen