© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/13 / 10. Mai 2013

Nicht alles ist wie Mundwasser
Von Nehmern und Unternehmern: Der Schweizer Fabrikant Thomas Minder und seine ökonomische Unterscheidung
Richard Stoltz

Thomas Minder (52), der mittelständische Mundwasser-Hersteller aus Schaffhausen in der Schweiz, soll darüber enttäuscht sein, daß er wohl nicht so sehr als der eigentliche Initiator der historischen Volksbefragung „gegen die Abzockerei“ über die Begrenzung der Managergehälter in Erinnerung bleiben wird, sondern als Erweiterer des deutschen Wortschatzes. Von der Volksbefragung spricht kaum noch jemand, dafür aber um so mehr über die von Minder in den öffentlichen Gebrauch eingeführte ökonomische Unterscheidung zwischen „Nehmer“ und „Unternehmer“. Das war offenbar eine Wendung, die sofort überzeugte und nun tagtäglich genüßlich angewendet wird.

Die Klasse unserer Wirtschaftsführer, definierte Minder während des Wahlkampfs, gliedert sich nicht in Besitzer und sogenannte Manager, sondern in Unternehmer und Nehmer. Die Unternehmer sind, wie schon der Name sagt, jene, die etwas unternehmen, die etwas schaffen, was sie dann also auch besitzen. Die Nehmer hingegen unternehmen nichts, sondern sie nehmen eben nur von dem schon Unternommenen. Ihnen „gehört“ an sich nichts, aber sie nehmen trotzdem, ja gerade deshalb. Stoppt endlich die Herrschaft der Nehmer!

Die Minder-Formel hat ihre Tücken, trotz ihrer Eingängigkeit. Was ist etwa mit den vielen Kleinaktionären, die gar nicht an den Geschäften und ihren Risiken beteiligt sind und trotzdem, solange die Dinge gut laufen, munter nehmen? Was mit den Investoren, die oft hohe Summen in ein Unternehmen stecken, ohne selbst in diese einzugreifen?

Nicht jedem Unternehmer „gehört“ auch eine Sache, die er unternimmt. Manchmal sind es gerade die umtriebigsten Unternehmer, die am meisten verzocken, auch fremdes Eigentum. Wer ohne eigenes Risiko straflos mit fremdem Vermögen herumzockt, ist nicht immer leicht zu entscheiden. Nicht jede Branche, lieber Herr Minder, funktioniert so übersichtlich wie die Ihrige, die Mundwasserbranche. Dort geht’s ja nur darum, den Mund rein zu halten, so etwas berechnet sich ziemlich leicht.