© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/13 / 10. Mai 2013

Dome bauen!
Von den Indianern mitgebracht: Leben unter der Kuppel harmonisiert Körper und Seele
Paul Leonhard

Architekt Reinhard Hesse erzählt die Anekdote gern. Die Teilnehmerin eines Seminars mit Kreisbestuhlung flüsterte ganz leise eine ironische Bemerkung über den Vortragenden zu ihrer Nachbarin. Doch der verstand sie kristallklar. Der Grund? Die Veranstaltung fand in einem kuppelförmigen Raum statt. Die beiden saßen sich genau gegenüber und zudem gleich weit von der Mitte entfernt.

Gruppenarbeiten im Dom erfordern hohe Gesprächsdisziplin, denn wenn mehrere Personen gleichzeitig sprechen, entsteht leicht ein akustisches Chaos. „Wenn Sie in der Mitte des Dom-Raums stehen und sprechen oder singen, hören Sie – und zwar nur Sie – Ihre Stimme von allen Seiten gleichzeitig“, erläutert Hesse gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.

Gebaut nach dem Prinzip  des Goldenen Schnitts

Hesse ist Unternehmer, in erster Linie aber Enthusiast, die von ihm Paideuma-Dome genannten Kuppelbauten sein Lebensthema. Der südlich von Wien lebende Ingenieur ist Spezialist für „energetisch harmonisierende“ Bauformen. Er reiste durch die Welt und studierte verschiedenste Formen des ursprünglichen Wohnens.

Einst wußten die Völker, wie Wohnen sich anfühlen muß. Sie bauten sich als Schutz, wenn immer möglich, kuppelförmige Rundhäuser. Das waren kleine geflochtene kuppelförmige Räume. Als Gerüst wurden biegsame Zweige oder Schößlinge verwendet. Diese wurden mit Blättern, Stroh oder Fellen bedeckt. Reinhard Hesse hat diese Urform menschlicher Behausungen 1979 bei den Hopi-Indianern wiederentdeckt. „Ich sah in den Kivas den gewölbten Dom-Urraum und vernahm die Anweisung, nach Europa zurückzukehren, um Dome zu bauen“, gibt er den Impuls für sein Werk wieder.

Der Besuch bei den Indianern liegt 33 Jahre zurück. Seitdem hat Hesse für zahlreiche Bauherren Gebäude in der Form des Paideuma-Domes entworfen. Diese sind nach dem Prinzip des Goldenen Schnittes gebaute, ungeteilte kreisförmige Holzkuppenkonstruktionen. Die erste stellte er Mitte der achtziger Jahre auf ein gepachtetes Grundstück südlich von Wien.

Das besondere Klangverhalten der Dome beruht auf der kugelförmigen Kuppel und der Fünf-Achtel-Proportion von der Höhe zum Durchmesser des Raumes. Im Zentrum des Domes findet eine klangliche und energetische Zentrierung statt, die als etwas sehr Schönes und Angenehmes empfunden wird. Der restliche Raum hat Eigenschaften eines hervorragenden Konzertsaales. Der Klang des Domraumes läßt sich sehr gut in Seminaren, Selbsterfahrungskursen und vielen anderen Gruppenarbeiten wie Yoga, Tanz oder Meditation einsetzen.

„Dombauten, kreativ und künstlerisch gestaltet nach den Prinzipien der Heiligen Geometrie und Geomantie, sind Sternentore und Lichttransformatoren im Energiegitter-Netzwerk der Erde“, so charakterisiert Hesse auf seiner Internetseite, was für ihn dahintersteckt.

„Am schönsten kommt die Domform als Herzstück des Hauses zur Geltung, sei es als Wohnzimmer oder Meditationsraum, als Seminar- oder als Konzertraum, wegen seiner ausgezeichneten Akustik“, weiß Christine Weber, die sich seit Jahren mit dieser geomantischen Hausform beschäftigt und engen Kontakt zum Dom-Planungsbüro von Hesse pflegt.

Paideuma-Dome sind inzwischen vielerorts, überwiegend im deutschsprachigen Raum zu finden. Es begann experimentell als kleine Garten-Meditationsdome, als Geburts-Domhäuser oder als mobile Ausstellungsräume. In der Folge entstanden Dome in unterschiedlichen Größen, integriert in Wohnhäusern oder an Bestehendes angebaut, und werden genutzt als Seminarhäuser, als Unterrichts- und Büroräume oder einfach als Wohnraum mit einzigartig ungewöhnlicher Atmosphäre.

Bernd Niemöller vom Arbeitskreis Gesundes Bauen aus Ahrensburg bei Hamburg beschäftigt sich seit Jahren mit dem Domkonzept und realisierte Projekte als Generalunternehmer. Er hat sich auf die Verwendung von schadstoffarmen, baugesunden und ökologischen Baustoffen – Holz, Lehm und atmungsaktiven Dämmstoffen und Wandaufbauten – spezialisiert. Die Paideuma-Dome, in Größen von fünf Metern bis über 20 Meter Durchmesser, lassen sich bei guter Vorplanung und Vorbereitung in kurzer Bauzeit errichten. Kleinere Dome in mobiler Version und auch Zeltform sind in Planung. Die Domobjekte können sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt in allen Richtungen erweitert werden, wenn die Familie wächst oder das Seminarzentrum floriert. Ob weitere Schlaf-, Sanitär- und Wohnräume – durch die immer selbsttragenden Konstruktionen bleibt das Schwingungsmuster des Domraumes unangetastet.

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