© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Kampf gegen Kindstötung
USA: Viele Bundesstaaten versuchen der legalen Abtreibung ein Schnippchen zu schlagen
Thorsten Brückner

Vierzig Jahre nach dem wegweisenden Urteil „Roe versus Wade“, das Abtreibungen in den USA zum verfassungskonformen Frauenrecht erklärt hat, versuchen die Bundesstaaten die Bedeutung des Urteils durch eigene Gesetzgebungen zu unterminieren.

Dabei gehen die Staaten unterschiedliche Wege. Manche versuchen die Standards für Abtreibungskliniken zu erhöhen, um eine legale Handhabe für deren Schließung zu haben. Andere stellen der Kindstötung medizinische Hürden wie vorgeschriebene Ultraschalluntersuchungen in den Weg.

Wieder andere gehen weiter und verkürzen die Fristen, bis zu denen legal abgetrieben werden darf und steuern somit auf eine Auseinandersetzung vor dem Obersten Gerichtshof zu. Bei den Bemühungen, die in mehr als 20 Bundesstaaten mit unterschiedlicher Intensität betrieben werden, erleiden die Lebensschützer jedoch auch immer wieder Rückschläge. So sprach sich in Mississippi, wo eine Volksinitiative das Verfahren in Gang gebracht hatte, eine Mehrheit der Bürger bei einem Referendum gegen eine strikte Anti-Abtreibungsgesetzgebung aus. In Colorado schaffte es eine entsprechende Initiative von „persoonhood USA“ nicht einmal, die nötigen Unterschriften zu sichern, um auf den Wahlzettel zu kommen. In Oklahoma lehnte der Oberste Gerichtshof des Bundesstaates ein Gesetz unter Verweis auf „Roe versus Wade“ ab, das Frauen gezwungen hätte, sich vor einer Abtreibung die Ultraschallbilder ihres Kindes anzusehen.

Aufs ganze Land betrachtet, zeichnet sich jedoch eine deutliche Verbesserung der Situation des Lebensschutzes ab, wie die aufgeführten Beispiele aus verschiedenen US-Staaten verdeutlichen.

 

Arizona

Ab der 20. Woche sind Abtreibungen in dem Wüstenstaat verboten. Dabei bediente man sich eines Gesetzes aus dem Jahr 2012. Der „Women’s Health and Safety Act“ sieht vor, daß die Berechnung der Schwangerschaftswochen mit dem ersten Tag der letzten Monatsblutung beginnt, zwei Wochen vor der Empfängnis. Gerade das Leben behinderter Kinder kann so besser geschützt werden. Die meisten Behinderungen können in der Regel erst ab der 20. Woche in der Ultraschalluntersuchung diagnostiziert werden. Das Verbot solcher Spätabtreibungen geschieht mit Verweis auf Schmerzempfindungen des Kindes und der Gesundheit der Mutter. Eine Ultraschalluntersuchung mit 24stündiger Wartefrist bis zur Abtreibung ist obligatorisch.

 

Kansas

Abtreibungsorganisationen wie „Planned Parenthood“ genießen ab diesem Jahr in Kansas keine Steuervorteile mehr. Auch ist ihnen per Gesetz jede Beteiligung an Sexualkundeerziehung an staatlichen Schulen untersagt. Ausdrücklich stellt der von Senat und Repräsentantenhaus des Bundesstaates beschlossene Gesetzentwurf fest, daß menschliches Leben im Moment der Empfängnis beginnt. Dies hat wegen „Roe versus Wade“ keine unmittelbaren Konsequenzen. Nach einer Aufhebung des Urteils würden Abtreibungen in Kansas jedoch somit sofort unter Strafe gestellt.

 

Nebraska

Nach der Ermordung des Abtreibungsarztes George Tiller in Kansas (Spitzname: „Tiller the baby killer“) kündigte sein Kollege LeRoy Carhart an, in dem Bundesstaat das Werk Tillers fortsetzen zu wollen. Alarmiert von der Aussicht, zum Zentrum von Spätabtreibungen in den Vereinigten Staaten zu werden, reagierte der Gesetzgeber und verbot alle Abtreibungen nach der 20. Woche – ein Gesetz, das mittlerweile von zahlreichen anderen Bundesstaaten übernommen wurde. Mit Bezug auf Carharts Ankündigung sagte der für den Gesetzentwurf verantwortliche frühere Sprecher des Repräsentantenhauses des Staates, Mike Flood: „Nicht ich bin auf dieses Gesetz gestoßen, das Gesetz ist auf Nebraska gestoßen.“

 

Louisiana

Die Lebensschutzorganisation „Americans United for Life“ führte Louisiana 2012 als den Bundesstaat, der ungeborenes Leben am besten schützt. Frauen sind hier gezwungen, sich vor einer Abtreibung Ultraschallaufnahmen ihres Kindes anzusehen, und werden von Ärzten über Schmerzempfindungen des Fötus während einer Abtreibung aufgeklärt. Zwischen der Erstaufklärung und dem Eingriff müssen mindestens 24 Stunden liegen, zwischen Ultraschall und dem Eingriff mindestens zwei Stunden. Ein ähnliches Gesetz, das Frauen allerdings gezwungen hätte, die Ultraschallbilder anzusehen, wurde vom Obersten Gericht Oklahomas mit Verweis auf „Roe versus Wade“ für verfassungswidrig erklärt. Dem Vorbild Nebraskas folgend, hat Louisiana zudem den Zeitpunkt, bis zu dem eine Abtreibung straffrei erfolgen darf, auf 20 Wochen festgesetzt.

 

Arkansas

Ein Gesetz, das im Sommer in Kraft treten soll, erschwert Abtreibungen nach der 12. Woche massiv. Nach diesem Zeitpunkt muß die Frau sich einer Ultraschalluntersuchung unterziehen. Sind dabei Herztöne des Babys hörbar, muß die Abtreibung verweigert werden. Ärzten, die dennoch abtreiben, droht Gefängnis. Ausnahmen macht das Gesetz bei Vergewaltigung, Inzest oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Gouverneur Mike Beebe hatte mit Verweis auf verfassungsrechtliche Probleme sein Veto gegen das Gesetz eingelegt, wurde jedoch vom Senat des Bundesstaates überstimmt.

 

Delaware

Ausgerechnet ein liberaler Ostküstenstaat ist nun der einzige, in dem keine chirurgischen Abtreibungen mehr angeboten werden, nachdem die größte Abtreibungsorganisation des Landes, „Planned Parenthood“, dort ihre letzte Klinik vorübergehend schließen mußte. Die Pro-Life-Organisation „Operation Rescue“ hatte nach Recherchen im Februar eine breite Öffentlichkeit auf die medizinischen Notfälle in Abtreibungskliniken hingewiesen, die oft aufgrund mangelnder Hygiene und der Verwendung nicht steriler Materialien entstünden. Der Angriff auf eine ältere Lebensschützerin, mehrere Anzeigen gegen „Planned Parenthood“ und der Druck aus der Politik führten schließlich zur zumindest vorübergehenden Schließung.

 

Virginia

Der nördlichste Südstaat geht im Kampf gegen „Roe versus Wade“ einen besonders kreativen Weg. Abtreibungskliniken müssen laut einem neuen Gesetz dieselben Standards wie öffentliche Krankenhäuser erfüllen. Dies könnte zahlreiche der zwanzig Abtreibungskliniken des Bundesstaates zur Schließung nötigen. Ebenfalls seit letztem Jahr ist eine Ultraschalluntersuchung vor einer möglichen Abtreibung zwingend vorgeschrieben. Der Frau müssen die Bilder auf Wunsch gezeigt werden. Die Lebensschutzorganisation „Americans United for Life“ hatte an der Ausarbeitung des Gesetzes maßgeblichen Anteil.

 

North Dakota

North Dakota hat jüngst die schärfsten Anti-Abtreibungsmaßnahmen der Vereinigten Staaten beschlossen. Das Gesetz, über das die Bürger 2014 in einem Referendum abtimmen werden, stellt fest, daß Leben im Moment der Empfängnis beginnt. Abtreibungen sollen ab der sechsten Woche, wenn Herztöne zu hören sind, verboten werden. Auch Abtreibungen wegen einer Behinderung werden unter Strafe gestellt. Kritiker monieren, das Paket sei ein klarer Verstoß gegen „Roe versus Wade“. Sollte der Entwurf Gesetz werden, ist mit Klagen vor dem Obersten Gerichtshof zu rechnen. Aufgrund seines Ölreichtums hat North Dakota anders als viele andere Bundesstaaten aber die finanziellen Ressourcen, ein solches Vorhaben durchzuziehen.

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