© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Lockerungsübungen
Die Vielfalt leben
Karl Heinzen

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger macht sich Sorgen um die Effizienz der staatlich geförderten Programme im Kampf gegen Rechts. Ihre Vielfalt sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, doch hätte sie „mittlerweile eine so hohe Komplexität erreicht, daß sie intransparent und gelegentlich sogar inkonsistent wirkt“. Dadurch würden Bürger, „die vor Ort extremistischen Umtrieben Einhalt gebieten wollen und können, frustriert statt ermutigt“. Nicht einmal die Bundesregierung habe, so das Resultat einer Abfrage bei den einzelnen Ressorts, noch den vollständigen Überblick über „die genaue Zahl der einschlägigen Programme und Projekte“, zu denen sie selbst beiträgt.

Dieser Mißstand soll nach den Vorstellungen von Leutheusser-Schnarrenberger ab der kommenden Legislaturperiode durch die Berufung eines „Bundesbeauftragten für zivilgesellschaftliches Engagement zur Prävention extremistischer Bestrebungen“ behoben werden, der im Bundeskanzleramt anzusiedeln wäre und alle staatlichen Initiativen auf diesem Gebiet zu bündeln hätte.

Die Verzweiflung der Ministerin, daß der Bundesregierung in der Wahrnehmung einer ihrer zentralen Aufgaben offenbar die Fäden aus der Hand entglitten sind, ist begreiflich. Allerdings sollte sie als Liberale auch wissen, daß den Gestaltungsmöglichkeiten des Staates nun einmal Grenzen gesetzt sind und der Versuch, gesellschaftliche Prozesse zentral zu steuern, zumeist zum Scheitern verurteilt ist. Der Kampf gegen Rechts wird von einer großen Bandbreite von Akteuren getragen, die ihn aus höchst unterschiedlichen Motiven aufgenommen haben. Länder wollen auch ihre eigenen Verfassungen schützen, Kommunen ihre Weltoffenheit beweisen, Unternehmen ihre globale Ausrichtung und ihren Bedarf an qualifizierten Einwanderern dokumentieren, Kirchen und weltanschauliche Kreise ihre ethischen Grundsätze beherzigen und antifaschistische Jugendgruppen etwas Nützliches für die Gemeinschaft leisten.

Allein durch ein derart breites gesellschaftliches Engagement läßt sich Druck gegen Rechts wirksam aufbauen, da dem Rechtsstaat viel zu oft die Hände gebunden sind. Wer dieses Engagement zentral koordinieren will, beraubt es seiner Vielfalt und damit seiner den Erfolg ausmachenden Vitalität und Kreativität. Dies kann nicht im Interesse der Justizministerin sein.

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