© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Keine Unschuldsvermutung, nirgends
Vorverurteilung: Die tonangebenden Medien Deutschlands haben sich ihr Urteil über Beate Zschäpe schon zu Prozeßbeginn gemacht
Christian Dorn

Zum Auftakt des NSU-Prozesses in München überboten sich etliche Medien in der Dämonisierung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe. Neben Berlins Boulevardblatt Berliner Kurier („Nazi-Braut kalt wie der Haß“) taten sich besonders die Zeitungen des Springer-Verlages hervor. So bezeichnete Die Welt Zschäpe als eine „instinktive Lügnerin“, als „die Staatsfeindin Nummer eins, die Ulrike Meinhof vom rechten Rand“. In derselben Zeitung klagte der Schriftsteller Georg M. Oswald zudem die Anwälte Zschäpes an, indem er unterstellte, „der martialische Klang von Heer, Sturm und Stahl“ könne kaum zufällig sein. Die Angeklagte habe es mit der Auswahl ihrer Verteidiger offensichtlich darauf abgesehen, „zu provozieren“. „Diese Art Hohn“ sei „ein Mittel rechter Symbolik“. Mit militanter Begrifflichkeit kommentierte auch die FAZ das Verteidigerteam, dessen Arbeit zur „Abwehrschlacht“ erklärt wurde. In dieser, so Bild, erscheine die „Nazi-Terroristin im Business-Look“ als das Diabolische schlechthin. Sie titelte: „Der Teufel hat sich schick gemacht“. Ihr Reporter Kai Feldhaus sah in Zschäpe „die schlimmste Rechtsterroristin in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ und bescheinigte ihr einen „bizarren Auftritt“.

Die Journalisten wollten „einen Blick erhaschen auf den Teufel, der kurz in unsere Richtung blickt“, um dann doch nur zu erkennen: „Der Teufel kennt keine Reue.“

Natürlich durfte auch die „Post von Franz Josef Wagner“ nicht fehlen. Dieser zollte den Hinterbliebenen der Opferfamilien „großen Respekt“, weil sie trotz der mit verschränkten Armen auftretenden „Nazi-Mörder-Braut“ „ruhig geblieben“ seien, weil „Euer Zorn euch nicht übermannt hat“. Wollte Wagner etwa der Alternative Lynchjustiz das Wort reden?

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