© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/13 / 17. Mai 2013

Frisch gepresst

US-Juden. Die Juden in Amerika brauchen ein neues jüdisches Selbstverständnis, so die These des US-Journalisten Peter Beinart. In seinem nun auf deutsch vorliegenden Buch kritisiert er die dortige jüdische Gemeinschaft, die mehr Geld für Gedenkstätten als für Schulen ausgebe und in der die Kinder mehr über den Holocaust lernen als über die jüdischen Feste. In diesem Kontext fordert Beinart eine Aufgabe der Opferrolle, in die sich Juden manövriert hätten. Diese führe auch dazu, daß das vermeintliche Unrecht Israels mit Verweis auf einen möglichen neuen Holocaust im Nahen Osten häufig kleingeredet werde. Beinart beschreibt sich selbst als Anhänger eines demokratischen Zionismus und tritt mit Verve dafür ein, daß der jüdische Staat auch seinen arabischen Einwohnern gleiche Rechte zugestehen müsse. Etwas einseitig kommt er hingegen daher, wenn er für die Isolation Israels im Nahen Osten in erster Linie Jerusalem verantwortlich macht. Für das Gespenst einer jüdischen Lobby, die die amerikanische Innenpolitik kontrolliert, hätte sich der Leser zudem stichhaltigere Belege gewünscht. (tb)

Peter Beinart: Die amerikanischen Juden und Israel. Was falsch läuft. C.H. Beck, München 2013, gebunden, 320 Seiten, 24,95 Euro

 

Ahnenerbe. Man nehme ein wissenschaftliches Standardwerk, schlachte es aus und arrangiere die publikumswirksamsten Kapitel neu. Nach diesem Patentrezept ist der zeithistorische Belletristik in schneller Taktfolge auswerfende Publizist Volker Koop bei seinem jüngsten Erzeugnis, der Darstellung der 1935 gegründeten SS-Forschungsinstitution „Ahnenerbe“, verfahren. Koop hat sich für seine sensationalistische Präsentation das inzwischen in vierter Auflage (2006) greifbare Opus Michael H. Katers über diese Denkfabrik der SS-Kulturpolitik vorgenommen. Schon der Titel „Himmlers Germanenwahn“ verrät wenig Bereitschaft, das Thema mit gebotener analytischer Kälte anzugehen. Diese Befürchtung bestätigt sich bereits, bevor der Leser zum Schwerpunkt vordringt, der „Perversion medizinischer Forschung“ und den wie üblich auf maximale Gruseleffekte berechneten Bericht über den Straßburger Anatomen August Hirt und seine „Skelettsammlung“. Alles zu derlei „Zweckforschung“, nur sine ira et studio, findet sich bei Kater. (dg)

Volker Koop: Himmlers Germanenwahn. Die SS-Organisation Ahnenerbe und ihre Verbrechen. Be.bra Verlag, Berlin 2013, gebunden, 267 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

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