© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  23/13 / 31. Mai 2013

150 Jahre SPD
Mittlerweile nur noch grün
Herbert Ammon

Ich hätte ein anderes Thema aufspießen können:  Etwa die überparteilich gesamtgrüne Heuchelei, die ohne Blick nach Polen oder Frankreich den Ausstieg aus der Kernenergie zelebriert, europäische Stromverbundnetze fordert und fördert, das Land, wo es noch schön war, mit Windparks „verschönert“; die den landfressenden, zentraleuropäisch bedingten Autobahnausbau ablehnt, da man selbst ein Auto mit nur 3,6 Litern E-10-Verbrauch besitzt, mit grünem Ökostrom Bahn fährt, im Billigflieger mit taz-Reisen in die Zivilgesellschaft fliegt. Und sollte ich darob das globale Angebot aus der Bio-Company fürs besser situierte Publikum sowie das die Sozialindustrie nährende Mitleid mit Migranten vergessen?

Nein, es gilt, einen Kommentar zur 150jährigen SPD-Jubelfeier zu liefern, doch mit Widerstreben, aus zweierlei Gründen: Zum einen erscheint mir die SPD von allen „etablierten“ Parteien dank ihrer Parteigeschichte noch passabler als die Konkurrenz. Zum anderen widerstrebt mir, in der sich selbst als konservativ ausweisenden, von ihren Gegnern mit dem verfänglichen Etikett „rechts“ belegten JUNGEN FREIHEIT Kritisches anzumerken, was die Fronten  nur verhärten dürfte.

Mein Lob der SPD gilt Größen wie Ferdinand Lassalle – sein ADAV inspirierte den großen Festakt –, August Bebel, Friedrich Ebert, Adolf Reichwein, Carlo Mierendorff, Julius Leber, Kurt Schumacher – und Willy Brandt mit seiner Devise: „Erst das Land, dann die Partei.“ Die zu Zeiten seiner Kanzlerschaft von „rechts“ in Zweifel gezogene patriotische Lauterkeit – auch wegen seiner Äußerungen über die verlorenen Ostgebiete – wurde zuletzt evident in den Jahren 1989 und 1990, als er Helmut Kohl den Rücken freihielt.

Zu loben ist die Sozialdemokratie dafür, daß sie indirekt die Bismarcksche Tradition des Sozialstaats begründete. Zu würdigen ist die im „Internationalismus“ begründete Friedensidee, sofern sie nicht mit der Wirklichkeit kollidiert. Dies gilt etwa für Sigmar Gabriels Liebe zum Leipziger Stargast François Hollande, einem doktrinären Progressisten und klassischen ENA-Nationalegoisten.

Sonst ist die SPD nur noch grün (siehe oben). Eine letzte Bemerkung: Mit Blick auf das von den Nationalsozialisten angerichtete Unheil war die SPD ehedem auch zu freigeistig.

 

Herbert Ammon lebt als Historiker und Publizist in Berlin.

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