© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Alan Hope. Kaum zu glauben: In Großbritannien ist selbst die Spaßpartei konservativ
Achtung, irre Monster!
Michael Paulwitz

Spaßpartei – da mag man hierzulande spontan an FDP- oder „Piraten“-Klamauk denken. Aber Politik geht auch absichtlich lustig. In Großbritannien gehört die „Official Monster Raving Looney Party“, die „Offizielle Monsterpartei der rasenden Irren“, seit ihrem ersten Antritt zur Unterhauswahl am 9. Juni 1983, also seit dreißig Jahren, zum politischen Inventar.

Oberster offizieller Wahnsinniger ist derzeit Alan Hope, der sich auch „Howling Laud“, „Schreilaut“ nennt. Der in die Jahre gekommene Rockmusiker, Jahrgang 1942, übernahm den Vorsitz 1999, nachdem der Parteigründer, der Musiker und Aktionskünstler David „Screaming Lord“ Sutch, sich – ausgerechnet – aus Depression erhängt hatte. Zunächst teilte sich Schreilaut Hope die Führung noch mit seiner Hauskatze Cat Mandu, bis der, übrigens ordentlich gewählte, vierbeinige Vizeparteichef vom Auto überfahren wurde. Schicksalsschläge machen auch vor Spaßpolitikern nicht halt.

Jux und Blödelei ist es nur auf den ersten Blick, was Schreilaut Hope und seine Mitrasenden so anstellen. Ein TV-Sketch der britischen Monty Python über hohle Wahl-Berichterstattung, heute so taufrisch wie vor Jahrzehnten, stand mit an der Wiege der „Loony Party“, der „Irrenpartei“, wie man sich selbst gerne kurz nennt. Von der legendären Komikertruppe und ihrer im Sketch präsentierten „Silly Party“, der „Deppenpartei“, haben die „Loonies“ nicht nur die skurrilen Kostüme, die riesigen Kokarden und Phantasienamen übernommen, sondern auch den anarchischen Humor, der grotesk zuspitzt, vergnügt mit Doppelsinnigkeiten spielt, Banales mit Hochtrabendem vermengt und dabei hintergründige Einsichten wie nebenbei aufblitzen läßt.

Wenn Schreilaut Hope im BBC-Talk darüber plaudert, wie seine Monsterhorde das Land regieren würde – „Wählt den Wahnsinn, es ist das einzig Vernünftige!“ –, mag man sich hierzulande überrascht die Augen reiben. Um etwa die über die Jahrhunderte gefochtenen Kriege zwischen England und Frankreich doch noch siegreich zu beenden, fordert der Oberirre von jedem Briten den Kauf eines Grundstücks jenseits des Kanals. Und seine Lösung des Einwanderungsproblems sieht so aus: Repatriierung aller, deren Vorfahren nicht schon vor der römischen Invasion im Land waren. Die Forderung eines britischen Euro-Beitritts kontert der Parteichef mit dem großen Hut mit dem Aufruf an Europa, dem britischen Pfund beizutreten. Die Einkommensteuer soll weg, da sie einst zur Niederringung Napoleons eingeführt worden sei und das Problem sich inzwischen erledigt habe. Und die britische Seite des die Insel mit dem Kontinent verbindenden Eurotunnels wollen er und seine Monster schließlich kurzerhand zuschütten. Man merkt: Daß Satire-Politiker partout „links“ sein müssen, ist ein typisch deutscher Irrtum.

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