© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Machtlos im Kanzleramt
Paul Rosen

Gerhard Schröder (SPD) hat es getan, ebenso Roland Koch (CDU). Sie verließen genauso wie viele schon in Vergessenheit geratene Politiker die Berliner oder ihre Landesbühne und gingen in die Wirtschaft, wo sie immerhin in einem Jahr mehr verdienen dürften als sie den Rest ihres Politikerdaseins an Diäten hätten erwarten können.

Nun hat also auch Eckart von Klaeden (CDU) angekündigt, seinen Sessel im Kanzleramt zu räumen und zum Automobilkonzern Daimler Benz zu wechseln. Schon werden kritische Bemerkungen von der Opposition laut. Amtswissen dürfe nicht einfach von der Wirtschaft eingekauft werden können, und es müsse eine Karenzzeit geben. Dabei sind diese Äußerungen angesichts der zahlreichen Wechsel von Grünen- und SPD-Politikern in Unternehmen beziehungsweise in Wirtschaftsverbände nicht besonders glaubwürdig. Hinzu kommt, daß gerade Verbände in den vergangenen Jahren verstärkt grüne Referenten und Geschäftsführer eingekauft haben, weil man von denen annimmt, daß sie mehr Ahnung von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit haben und Verbandspapiere näher am Zeitgeist formulieren können.

Bei dem 47 Jahre alten von Klaeden kommt ein weiterer Grund hinzu, der den Vorwurf, die Daimler-Chefs hätten sich einen Politiker gekauft, recht blaß aussehen läßt. Vor zehn Jahren, der CDU-Bundestagsabgeordnete war gerade der Jungen Union entwachsen, hatte von Klaeden begonnen, sich in der Fraktion einen guten Ruf aufzubauen. Schnell stieg der junge Mann auf: erst zum Parlamentarischen Geschäftsführer, dann zum außenpolitischen Sprecher.

Die Berufung zum „Staatsminister bei der Bundeskanzlerin“ entpuppte sich 2009 als politische Sackgasse. Er wurde zuständig für den Bürokratieabbau – ein für die Wirtschaft wichtiges, aber in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommenes Thema. „Seit vier Jahren sitzt er still und fleißig im Kanzleramt, rückt verdienstvoll der Bürokratie zu Leibe, und keiner will es wissen“, spottete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und bestätigte auch die Annahmen, von Klaeden habe keine Chance auf ein politisches Weiterkommen. Bei Spekulationen über Kabinettsumbildungen „tauchte der Name Klaeden zuverlässig nicht auf. Eckart von Klaeden hat einen schmucken Titel, ein schickes Büro – und kaum Einfluß“.

Das ist bitter: Mitten in der Schaltzentrale der Macht zu sitzen und kaum Einfluß zu haben. Das Sagen im Kanzleramt hat weiterhin das „Girls Camp“ um Merkel – bestehend aus ihren Vertrauten Eva Christiansen und Beate Baumann. Auch zum Kanzleramtschef Roland Pofalla (CDU) hat von Klaeden nie ein enges Verhältnis bilden können. Der Weg zu Merkel war ihm verschlossen.

Vielleicht lag seine zunehmende Isolierung auch daran, daß von Klaeden nie dem substanzlosen Fortschrittsflügel der CDU zugehörte, den Pofalla oder Generalsekretär Hermann Gröhe verkörpern. Der Niedersachse ist, wie es in der Hymne seines Landes heißt, „sturmfest und erdverwachsen“. Das ist konservativ und paßt nicht mehr in Berlin und in der CDU.

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