© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/13 / 07. Juni 2013

Handeln Sie in unserem Interesse
Transparenz: Offener Brief an die Chefs von ARD und ZDF mit der Bitte um Aufklärung über die Finanzen
Roland Gläser

Spätestens wenn der Rundfunkbeitrag von meinem Konto abgebucht wird, muß ich an Sie denken. Und wenn ich die Glotze einschalte sowieso. Denn sie sind die Bosse von ARD und ZDF. Es wird Zeit, daß ich Ihnen schreibe. Verzeihen Sie bitte, wenn ich gleich zu Beginn persönlich werde: Was machen Sie eigentlich mit meinem Geld? Ich weiß, Sie empfinden die Frage als indiskret. Wenn jeder wüßte, was man beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk verdient, würde das „sehr heftige“ Neiddebatten auslösen, haben Sie kürzlich geunkt. Sie müßten die Mitarbeiter, die gut bezahlt werden, schützen, sagen Sie. Schützen? Vor wem eigentlich? Vor den Menschen, die sie bezahlen?

Wenn Ihre Kinder Sie um Geld anhauen, wollen Sie da nicht auch wissen, wofür die es brauchen?

Sollte Ihr ehrlicher Umgang mit den Zahlen tatsächlich auf ein so großes Unverständnis in der Bevölkerung stoßen, wie Sie vermuten, liegt doch wohl einiges im argen. Meine Hoffnung, daß Sie verantwortungsvoll mit meiner „Demokratie-Abgabe“ umgehen, schwindet. Wahrscheinlich neun Milliarden Euro kassieren Sie von mir und meinen Mitmenschen in diesem Jahr. Wenn Sie uns alle schon zwangsweise zu Vereinsmitgliedern machen, sollten Sie sich auch benehmen wie ein Vereinsvorstand. Der muß nämlich Rechenschaft ablegen vor seinen zahlenden Mitgliedern; jede Ausgabe muß er belegen und genau sagen, wie er die Beiträge verwendet hat.

Ausgerechnet in Ihrem Medium, das von jedem kleinen Verein Transparenz fordert, herrscht totale Intransparenz.

Herr Bellut, Sie schweigen zu all den Fragen zwar eisern, aber irgendwie gelangen trotzdem immer wieder ganz interessante Zahlen an die Öffentlichkeit. Eine davon betrifft Ihren vermeintlichen Star-Moderator. Stimmt es eigentlich, daß Claus Kleber für seine von Stilblüten durchsetzte Meinungsmache im „Heute-Journal“ 600.000 Euro bekommt? Ist jedenfalls überall nachzulesen. Ich habe das mal auf seine Sendezeit umgerechnet. Das macht pro Minute 154 Euro und pro Stunde 9.230 Euro. In zwei Stunden verdient er damit mehr als die Kanzlerin im ganzen Monat. Ich verstehe jetzt, was Sie meinen, wenn Sie Neiddebatten fürchten. Vielleicht würde sogar Frau Merkel ein wenig fuchsig.

Und dann hübschen Sie Klebers Arbeitszimmer auch noch für 30 Millionen Euro auf. Zehn Jahre soll das reichen, dann brauchen die Moderatoren schon wieder ein neues Nachrichtenstudio. Würden Sie so auch mit Ihrem eigenen Geld umgehen? Das neue „Tagesschau“-Studio verschlingt auch mindestens 24 Millionen Euro. Gell, Herr Herres? Geht es wirklich nicht eine Nummer kleiner? Der andere bekannte Bezahlsender neben Ihren Anstalten, Sky, kam mit einem Sechstel für eine ähnliche Investition aus.

Damit sind wir beim nächsten Thema. Ich bin leidenschaftlicher Fußball-Fan. Aber warum muß ich die Champions League eigentlich im ZDF schauen? Zumal Sie mir nicht einmal jedes Spiel mit deutscher Beteiligung anbieten konnten? Warum stechen Sie mit Ihren horrenden Angeboten das Free-TV aus? Auf Sat.1 oder RTL hätte ich das deutsche Finale gebührenfrei sehen können. Und auf Sky liefen sogar alle Spiele – das ganze Programm kostet mich dort nur wenig mehr als mein Zwangsabo von ARD und ZDF. Sehen Sie mal, wie günstig wir sind, höre ich Sie beide antworten. Aber der große Unterschied ist: Das Geld zahle ich freiwillig. Und für die übrigen Privaten bleche ich überhaupt nichts.

Sie wollen nicht verraten, wieviel Sie für die Champions-League-Übertragungsrechte hinblätterten. Angeblich haben Sie sich gegenüber der Uefa zur Verschwiegenheit verpflichtet. Bei einer solchen Klausel hätten Sie sofort aus den Verhandlungen aussteigen müssen. Denn Sie handeln im Interesse von uns allen, die wir Sie bezahlen müssen. Und wir haben ein Recht zu erfahren, was der Spaß kostet, den uns auch ein Privatsender hätte bieten können. Wir sind doch nicht in Weißrußland.

Wenn ich mal die ARD einschalte, dann wegen des „Tatorts“. Daß Sie ständig neue Kommissare aufbieten, gefällt mir gar nicht, Herr Herres. Geschenkt. Aber wenn ich höre, Til Schweiger bekomme pro Folge 300.000 Euro, bleibt mir dieses Wort im Halse stecken. Womit rechtfertigen Sie diese Gage? Nun, werden Sie sagen, das sind alles nur Spekulationen, die durch die Zeitungen geistern. Richtig. Aber vielleicht bekommt er sogar noch mehr. Ich möchte es gern wissen. Denn es ist auch mein Geld.

Inzwischen nimmt auch der Bund der Steuerzahler Sie beide in die Mangel. Er hat ein Zehn-Punkte-Programm aufgestellt und will von Ihnen die Kosten jeder Sendeminute und der Verwaltung erklärt bekommen. Ich finde, er hat recht.

Bevor Sie bald mit der nächsten Erhöhung der Gebühren kommen, erklären Sie mir bitte erst einmal die jetzigen.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Gläser

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