© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/13 / 14. Juni 2013

Rettung in letzter Minute
„Euro Hawk“: Ausgerechnet der von der Opposition eingesetzte Untersuchungsausschuß könnte Thomas de Maizière das Amt retten
Marcus Schmidt

Nach außen reagierte die Union mit Unverständnis, doch hinter vorgehaltener Hand war die Stimmung gelöst. „Jetzt ist Thomas de Maizière gerettet“, kommentierte ein hochrangiger CDU-Politiker am Montag im kleinen Kreis die Ankündigung der Opposition, einen Untersuchungsausschuß zum „Euro Hawk“-Desaster einzusetzen. Statt die Affäre am Köcheln zu halten und den Verteidigungsminister öffentlich ständig mit bohrenden Fragen zu nerven, wählen SPD und Grüne den Weg der parlamentarischen Aufklärung – mit all seinen verfahrenstechnischen Fallstricken.

Auch wenn Union und FDP nicht verhindern können, daß sich der Verteidigungsausschuß, wie vom Grundgesetz vorgesehen, mit den Stimmen der Opposition zum Untersuchungsausschuß erklärt, hat die Koalition genügend Möglichkeiten, die beabsichtigte Demontage des Verteidigungsministers auszubremsen. „Dann werden wir da eben ganz chronologisch rangehen“, heißt es aus der CDU mit Verweis auf die lange Geschichte des Projektes „Euro Hawk“, die bis in die Amtszeit von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) zurückreicht. „Herr Scharping, dann erzählen Sie doch mal ganz genau, wie es damals alles anfing, sonst versteht man das ja heute alles nicht“, skizziert ein CDU-Mann die Verzögerungstaktik, mit der die Union ihren Minister über die Zeit retten will. Mit guten Chancen. Es ist schwer vorstellbar, daß es der Opposition gelingt, die Untersuchung der Affäre um die fehlende Zulassung für die Drohne auf die Ära de Maizières als Verteidigungsminister zu beschränken.

Vor diesem Hintergrund bewerten Beobachter die Entscheidung der Opposition, das „EuroHawk“-Desaster trotz der bevorstehenden Bundestagswahl, mit der der Untersuchungsausschuß automatisch endet, parlamentarisch untersuchen zu lassen, als einen Sieg der Wahlkämpfer über die Fachpolitiker. Diese hatten noch in der vergangenen Woche einen Untersuchungsausschuß mit Blick auf das nahe Ende der Legislaturperiode verworfen. „Das bringt jetzt nichts“, lautete die Einschätzung.

Daran hat sich eigentlich auch nach dem erneuten Auftritt de Maizières vor dem Verteidigungsausschuß am Montag nichts geändert. Inhaltlich hatten weder der Minister noch seine Kritiker etwas Wesentlich Neues vorzutragen. Dennoch bezeichnete SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Haltung des Minister anschließend als „selbstgerecht und selbstgefällig“ und begründete damit die Zustimmung der SPD zum Untersuchungsausschuß.

De Maizières präsentierte unterdessen erneut seine Version der Geschichte. Danach ist die von ihm am 13. Mai getroffene Entscheidung richtig, das Projekt „Euro Hawk“ nach dem Ende der Erprobungsphase Ende September abzubrechen und nicht wie geplant vier weitere Aufklärungsdrohnen des amerikanischen Herstellers Northrop Grumman zu bestellen. Auch der Zeitpunkt sei nicht zu beanstanden. „Wir haben gehandelt, als die Probleme bekannt wurden“, sagte er mit Blick auf die fehlende Zulassung des Fluggerätes für den europäischen Luftraum. Lediglich das Verfahren, das zu der Entscheidung geführt habe, sei fehlerhaft gewesen, gestand der Minister am Montag vor der Bundespressekonferenz ein. „Ich habe zu lange gewartet, ich hätte nachfragen müssen“, fügte er selbstkritisch hinzu. Gleichzeitig legte er sich fest: Es gebe keinen Grund, zurückzutreten. Die eingestandenen Fehler und Versäumnisse seien vielmehr Ansporn, so etwas künftig zu verhindern.

Glaubt man dem Verteidigungsministerium, ist die ganze Geschichte rund um den Abbruch des Projektes zwar ärgerlich, aber keine Katastrophe. Wenn Ende September die Erprobung der „Euo Hawk“-Drohne planmäßig endet, dann sei immerhin das Fernaufklärungssystem Isis einsatzfähig, das parallel entwickelt wurde und bislang rund 360 Millionen Euro gekostet hat. Nun muß nach dem Aus für den „Euro Hawk“ nur noch ein neues Trägersystem gefunden – und finanziert werden.

Damit rücken wieder die Kosten in den Blick. Denn in der Diskussion der vergangenen Tage hatte sich das Gewicht der Affäre ständig verschoben. Ging es anfangs vor allem um die 500 Millionen Euro, die laut Opposition durch das Ende für das Drohnen-Projekt in den Sand gesetzt wurden, dreht sich mittlerweile fast alles nur noch um die Frage nach de Maizières Verantwortung.

Foto: Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) vor der Bundespressekonferenz: Die Kosten sind aus dem Blick geraten

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