© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/13 / 14. Juni 2013

Zeitschriftenkritik: Der Tiroler
Kampf für die Selbstbestimmung
Werner Olles

Entgegen der Negativ-Utopie eines von der EU-Bürokratie kontrollierten und bevormundeten europäischen Bundesstaates werden die Rufe nach nationaler Selbstbestimmung kleinerer Völker in Europa immer lauter. In Spanien lehnen sich Basken und Katalanen gegen die Zentralregierung in Madrid auf und fordern ihr Recht auf eigene Staatlichkeit. In Großbritannien erinnern sich Schotten und Waliser an ihre keltischen Wurzeln, und bei den Tirolern genügt ein Blick in ihre wechselvolle und teilweise tragische Geschichte, um zu erkennen, daß der Wunsch nach Selbstaufgabe gerade in Südtirol nie bestimmend war.

Denn tatsächlich würde der Weg in die langfristige Selbstaufgabe Südtirols geradewegs zur Einschmelzung in die italienische Identität und zu noch heftigeren römischen Übergriffen führen. Um jedoch das dauerhafte Überleben der eigenen Volksgruppe zu sichern, kann für die Tiroler und die Freunde Südtirols nur das Streben nach Selbstbestimmung in Frage kommen. Und da die vollmundig angekündigte Schaffung eines autonomen Beinahe-Freistaates innerhalb der Republik Italien inzwischen gescheitert ist, nachdem der ehemalige italienische Ministerpräsident Mario Monti den Generalangriff auf die Südtiroler Autonomie 2012 tatkräftig durchgezogen hat, deutet der Weg nun erst recht in die Richtung „Los von Rom!“

Die von der Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer herausgegebene Zeitschrift Der Tiroler befaßt sich in ihrer aktuellen Ausgabe (62/2013) mit dieser Thematik und läßt keinen Zweifel daran, daß nach dem faktischen Ende der Autonomie die Zukunft nur in einem freien Land Tirol liegen kann. Dabei können sich die Südtiroler nicht auf die „Schutzmacht“ Österreich verlassen, da die Wiener Regierung aus SPÖ und ÖVP sich in dieser Frage längst mit Italien arrangiert hat und Wohlverhalten gegenüber allen Anmaßungen aus Rom übt. Allein die Freiheitliche Partei (FPÖ) steht fest an der Seite der Südtiroler und pocht darauf, daß Wien der Schutzrolle Österreichs gerecht wird. Für die italienische Regierung ist dies jedoch „eine überholte und erledigte Angelegenheit“ (Mario Monti), und die neue italienische Regierung aus Links-Demokraten und PdL übertrifft in ihrer Autonomiefeindlichkeit diese sogar noch.

Die Gefahr, daß die Südtiroler in ihrer eigenen Heimat zur entrechteten Minderheit werden, ist also durchaus real. Um so unverzichtbarer ist daher die Geltendmachung des Rechts auf Selbstbestimmung, doch herrscht gerade hier innerhalb der Südtiroler Volkspartei (SVP) in Bozen und den Wiener Regierungsparteien eine von Widersprüchlichkeiten und Schwankungen geprägte totale Orientierungslosigkeit. Das Selbstbestimmungsrecht ist jedoch ein international anerkanntes Recht der Völker und steht laut UN-Charta jedem Volk zu. 93 Jahre nach der gewaltsamen Abtrennung von Österreich muß Südtirol, das aus sprachlichen, kulturellen und historischen Gesichtspunkten nicht dem italienischen Kulturraum angehört, die Freiheit haben, über seine Zukunft selbst zu entscheiden.

Kontakt: Der Tiroler. Postfach 630062, 90228 Nürnberg

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