© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/13 / 21. Juni 2013

„Teil der Schöpfung“
Evangelische Kirche Hessen-Nassau: Segnungen Homosexueller und traditionelle Trauungen werden gleichgestellt
Thorsten Thaler

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) versteht sich gern als fortschrittliche Kraft. Anfang der neunziger Jahre war sie eine der ersten Landeskirchen, die es lesbischen Pfarrerinnen und schwulen Pfarrern erlaubte, offiziell mit ihren Partnern im Pfarrhaus zu wohnen. Jetzt ist sie einen Schritt weitergegangen. Am vergangenen Wochenende beschloß die Synode der EKHN, die Segnung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufzuwerten. Die traditionelle Trauung und die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare werden künftig weitgehend gleichgestellt. Außerdem können Segnungen nun auch in Kirchenbüchern beurkundet werden. Weiterhin beraten werden soll, ob die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare auch als Trauung bezeichnet werden kann.

Zwar räumt das Kirchenparlament ein, daß „gegenwärtig“ in der EKHN und in anderen evangelischen Kirchen kein Konsens darüber herzustellen sei, daß die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften biblisch und theologisch begründbar ist. An anderer Stelle aber heißt es, heute werde davon ausgegangen, daß die gleichgeschlechtliche Orientierung zu den „natürlichen Lebensbedingungen“ gehöre. Wörtlich: „Homosexualität kann als Teil der Schöpfung gesehen werden.“ Denn für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ist klar: „In der Bestimmung zu einem Lebensbündnis zwischen zwei Menschen zeigt sich Gottes Liebe zu den Menschen.“

Nun, man mag es sich nicht ausmalen, wohin der nächste und übernächste Schritt auf dem Wege der Fortschrittlichkeit führten, wenn solcherlei plattes Kirchenlatein allgemeinverbindlicher Maßstab für Segnungen oder gar Trauungen würde. Warum sollten sich dann die Tochter und ihre pflegebedürftige Mutter, die unter einem Dach leben, nicht auch trauen lassen dürfen? Oder Bruder und Schwester, weil sie ein „Lebensbündnis“ eingegangen sind? Oder zwei Zechkumpane, die sich dauerhaft eine Bleibe teilen? Und zeigt sich Gottes Liebe nicht auch in der Gemeinschaft von Mensch und Tier?

Das klingt absurd? Ja. Noch.

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