© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/13 / 28. Juni 2013

Britischer Geheimdienst späht deutschen Datenverkehr aus
Verteidigungsfall
Jörg Fischer

Wenn James Bond vom Geheimdienst Ihrer Majestät auf Verbrecherjagd geht, sind die Kinosäle voll. Im jüngsten Abenteuer „Skyfall“ jagt der MI6-Agent einer Geheimdatenfestplatte und bösen Cyberterroristen hinterher. Dabei ist 007 mit der Lizenz zum Töten fast alles erlaubt. Daß die Wirklichkeit die Fiktion längst überholt hat, müssen nach den Enthüllungen über das britische Überwachungsprogramm Tempora nun auch die naivsten deutschen Politiker eingestehen. Daß der britische Geheimdienst GCHQ das Glasfaserkabel TAT-14 anzapft, über das der deutsche Transatlantikdatenverkehr läuft, ist mehr als ein unfreundlicher Akt. Von russischer, chinesischer oder von US-Seite war dies zu erwarten. Aber von einem EU-Partner?

Die Justizministerin beschwert sich zu Recht in London über die Verletzung der Privatsphäre deutscher Bürger. Doch Tempora muß ein Fall fürs Wirtschafts- und Verteidigungsministerium werden. Vodafone etwa soll „im Rahmen der Gesetze“ beim Ausspähen „geholfen“ haben. Gleichzeitig will der britische IT-Konzern jetzt Kabel Deutschland übernehmen – wie paßt das zusammen? Großkonzerne können es sich vielleicht leisten, ihre Daten besser zu schützen. Aber was ist mit den deutschen Mittelständlern, Anwälten und Freiberuflern? Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt, sondern beispielsweise nahe der ostfriesischen Stadt Norden, wo das TAT-14-Kabel ankommt.

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