© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/13 / 28. Juni 2013

Die Schätze müssen zurück
Streit um Beutekunst zwischen Deutschland und Rußland
Richard Stoltz

Der Besuch der Bundeskanzlerin in Sankt Petersburg verlief vorhersehbar. Dazu gehörte auch ein Hinweis auf die Beutekunst, gefolgt von der gereizten Replik der Gastgeber. Den Russen gelten die Lücken, welche der Raubzug in Deutschlands Archiven und Museen zurückläßt, vor allem als Ausgleich für den Blutzoll im Zweiten Weltkrieg.

Dem entspricht ein deutsches Interesse, das Bewußtsein für die unrechtmäßige Verbringung lebendig zu erhalten – und die Beutekunst wieder nach Deutschland zu holen. Deswegen ist es richtig und zu begrüßen, daß Angela Merkel bei der Eröffnung der Ausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“, in der Hunderte von geraubten Kunstschätzen (darunter der Eberswalder Goldschatz) gezeigt werden, unmißverständlich den nationalen Anspruch formulierte: „Wir sind der Meinung, daß diese Ausstellungsstücke wieder zurück nach Deutschland kommen sollen.“

Doch auch Putin hat recht, wenn er verkündet, daß es vor allem wichtig sei, die Objekte überhaupt wieder sichtbar werden zu lassen. Die Existenz vieler Stücke wurde jahrzehntelang rundweg geleugnet. Doch der zweiten Gedanke, daß es ganz gleich sei, an welchem Ort sie zu sehen sind, ist nicht frei von Heuchelei und kann nur als eine saubere Replik auf Merkels Schulmeistereien im Fach Demokratie durchgehen.

Eine Unaufrichtigkeit ist der anderen wert. So wird Politik gemacht. Nur sollten dafür nicht wertvolle Stücke des geistigen Erbes einer Kulturnation als Geisel gehalten werden.

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