© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Proteste gegen Ägyptens Präsident Mursi
Fehlbesetzung
Günther Deschner

Grundlage von Macht und Garant der politischen Geltung Ägyptens ist stets die Armee, die sich traditionell als Bewahrerin der nationalen Identität, der Unabhängigkeit des Landes und seiner Stabilität versteht. Das war schon in den fünfziger Jahren unter dem legendären General Abd el-Nasser so oder zuletzt in den drei Jahrzehnten, in denen der Ex-Luftwaffenchef Hosni Mubarak bis zu seinem Sturz im Februar 2011 regierte.

Auch in den jetzigen Massenprotesten gegen den führungsschwachen Präsidenten Mohammed Mursi, die sich zum Bürgerkrieg und einer Staatskrise auswachsen könnten, ist es wiederum das Militär, das die Politiker zu verantwortlichem Handeln zwingt – und ultimativ die Lösung des Machtkampfs einforderte. Andernfalls müßten die Soldaten der Politik den Weg weisen und die verfeindeten Lager zu einem Kompromiß zwingen. Damit verpflichteten die Generäle den Präsidenten, den zielgerichteten Dialog mit den demonstrierenden Massen zu beginnen und auf ihre Forderungen zumindest teilweise einzugehen. Ob Mursi bemerkt hat, daß von außen – speziell mit den Augen Amerikas, des Westens und Israels – betrachtet die ägyptische Armee als Faktor regionaler Stabilität von größerem Belang ist als ein islamistischer Politiker, der sich bislang als Fehlbesetzung dargestellt hat, ist nicht gewiß.

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