© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/13 / 05. Juli 2013

Lockerungsübungen
Unflätiger Wahlkampfstil
Karl Heinzen

David Drumm und John Bowe teilen sich das besondere Privileg, die vor der Weltöffentlichkeit ausgesprochene Verachtung von Angela Merkel auf sich gezogen zu haben. Der Anlaß für die ungewohnte Gefühlsaufwallung der deutschen Kanzlerin ist dabei eher unspektakulär.

Es gibt keine Hinweise darauf, daß Drumm und Bowe das nordkoreanische Atomwaffenprogramm finanzierten oder die Menschenrechtsverletzungen des Assad-Regimes unterstützten. Sie stehen bloß in dem Verdacht, vor knapp fünf Jahren als einstige Top-Manager der ins Trudeln geratenen Anglo Irish Bank in einem Telefonat einen allzu zynischen Umgangston angeschlagen zu haben. Dabei sollen auch einige despektierliche Äußerungen über die Deutschen gefallen sein, die sich damals redlich um eine Rettung ihres Instituts bemühten.

Die irischen Banker Drumm und Bowe verdienen nicht Verachtung, sondern Mitleid.

Die Informationen, auf die Merkel ihren unflätigen Kommentar stützte, stammen aus der irischen Presse. Eine Prüfung, ob der Mitschnitt vollständig und korrekt wiedergegeben wurden, hat die Bundesregierung offenbar nicht unternommen. Auch hielt man es anscheinend nicht für nötig, die bloßgestellten Ex-Manager um eine Stellungnahme zu bitten. Ein respektvoller Umgang von Repräsentanten unseres Landes mit europäischen Staatsbürgern sollte anders aussehen.

Auch wenn Drumm und Bowe davon ausgehen mußten, daß ihr Gespräch aufgezeichnet wird, waren ihre Äußerungen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Sie bauten darauf, daß der Rechtsstaat die Vertraulichkeit ihrer Kommunikation schützen würde. Dieses Vertrauen ist einmal mehr gebrochen worden. Darüber und nicht über leichtfertige Äußerungen sollte sich Merkel echauffieren.

Auch ist den beiden Managern zugute zu halten, daß sie wegen der Schieflage ihrer Bank unter außergewöhnlichem Streß standen, den sie wohl durch Galgenhumor abbauen wollten. Führungskräfte der Wirtschaft sind eben feinnerviger als Politiker, wenn sie befürchten, das Geld anderer Leute zu verschleudern. Drumm und Bowe verdienen daher nicht Verachtung, sondern Mitleid, weil sie zu Zielscheiben im deutschen Wahlkampf wurden. Die Botschaft, die Angela Merkel mit ihrer Bankerschelte sendet, ist nicht neu: Wer rot-grüne Politik will, braucht gar nicht für einen Regierungswechsel zu stimmen.

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