© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/13 / 12. Juli 2013

Meldungen

Litauen: Emanzipation durch Antisemitismus

Berlin. In Litauen hat die Erforschung der Wurzeln jener Judenfeindschaft, die ab 1941 zur Kollaboration mit den deutschen „Einsatzgruppen" führte, erst lange nach der Unabhängigkeit von 1991 begonnen. Wie eine Studie Klaus Richters über den „Antisemitismus und die litauische Intelligenzija" zwischen 1900 und 1914 (Jahrbuch der Antisemitismusforschung, 21/2012) belegt, setzen jedoch die Verhältnisse vor der ersten Gründung Litauens (1918) gängige Deutungsmuster außer Kraft. Die schmale litauische Intelligenzschicht, die vor 1918 die Nationalisierung verfolgte, sei bei ihrem Kampf gegen die zaristische Obrigkeit und die polnischen Grundherren auf die wirtschaftsführenden litauischen Juden angewiesen gewesen. Gleichzeitig sah sie sich genötigt, die Lage der litauischen Bauern auf Kosten der Juden zu verbessern. Die säkulare Presse forderte daher die „Emanzipation" der Bauern von den als Bedrückern empfundenen jüdischen Händlern, Schankwirten, Geldverleihern. Zentral sei für dieses Unternehmen, die Bauernschaft zu stärken, um die litauische Nation aufzubauen, die „progressive" Stoßrichtung gewesen. Anders als beim katholischen Klerus oder anders als bei antisemitischen Strömungen Westeuropas war die Judenfeindschaft kein Ausdruck von Konservatismus, sondern Teil eines Emanzipationsprozesses, der allerdings wegen partieller Bündnisse mit der jüdischen Elite „mehrdimensional" zu betrachten sei. (wm)

www.tu-berlin.de

 

Erste Sätze

Calvin gilt als der Herold der Majestät Gottes.

Hans Engelland: Gott und Mensch bei Calvin, München 1934

 

Historisches Kalenderblatt

15. Juli 1953: Hilde Benjamin wird neue DDR-Justizministerin, nachdem ihr Vorgänger Max Fechner unter dem Vorwurf „republikfeindlicher Tätigkeit" verhaftet wurde. Dieser hatte Ende Juni herausgestellt, daß das Streikrecht in der DDR verfassungsmäßig verankert sei.

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