© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/13 19. Juli / 26. Juli 2013

Finanzminister attackieren europäischen Steuerwettbewerb
Brüsseler Steuerkartell
Philipp Bagus

Wolfgang Schäuble will „schädlichen“ Steuerwettbewerb abstellen. Das sei „kein europäischer Spirit“, erklärte der CDU-Politiker vorige Woche nach dem Treffen der EU-Finanzminister. Schäubles Amtsvorgänger von der SPD, Peer Steinbrück, sagte 2008 dem „unfairen Steuerwettbewerb“ den Kampf an. Die Euro-Krise hat diese Tendenz noch einmal verschärft. So wurde etwa Irland vor seiner Rettung durch die Euro-Zone heftig bedrängt, sein „Steuerdumping“ zu beenden. Irland widersetzte sich diesem Ansinnen erfolgreich.

Ist Steuerwettbewerb wirklich ein Problem? Je höher die Steuern, desto größer ist der Anreiz für Personen oder Unternehmen, in Länder mit niedrigeren Steuern zu flüchten. Der Exodus wohlhabender Franzosen nach Belgien wegen der Absicht von Präsident François Hollande, die Einkommensteuer bis auf 75 Prozent zu erhöhen, ist hierfür ein Beispiel. Wettbewerb macht Steuererhöhungen unattraktiver, da sie im Extremfall sogar zu sinkenden Einnahmen für den Fiskus führen können. Staaten mit niedrigeren Steuersätzen ziehen hingegen Leistungswillige an. Der Wettbewerb verstärkt so die Tendenz zu allgemein niedrigeren Steuersätzen.

Je weniger einem Bürger von seinem Eigentum weggesteuert wird, desto größer sind die Leistungsanreize. Es kommt zu einer höheren Prosperität, da mehr Ressourcen im Wohlstand mehrenden Privatsektor verbleiben. Im Gegensatz dazu ermöglichen höhere Steuersätze größere Staatsausgaben. Die Abwesenheit von Steuerwettbewerb erleichtert es, leistungsfeindliche Wohlfahrtsstaaten zu finanzieren. Im Gleichschritt mit höheren Steuersätzen und Staatsausgaben sinkt die individuelle Freiheit.

Grundsätzlich gilt: Der Steuerwettbewerb ist desto intensiver, je kleiner die Staaten sind. Wird in den USA die Einkommensteuer um fünf Prozent angehoben, kommt es nicht unbedingt zu einer Massenflucht der Leistungsträger. Gibt es jedoch kleinere Gebilde wie Stadtstaaten oder sogar Stadtteilstaaten, dann ist der Steuerwettbewerb intensiver – und damit befreiender. Wird in meinem Straßenzug die Einkommensteuer um fünf Prozent angehoben, ziehe ich einfach ein paar Häuser weiter, wo die Steuern noch niedriger sind.

Eine mögliche Folge der Euro-Krise ist jedoch eine weitere Zentralisierung der Macht in Brüssel. Die Wunschlösung vieler Politiker ist die Bildung eines europäischen Superstaates mit gleichgeschalteten Steuersätzen in der Euro-Zone: Die Eliminierung des Steuerwettbewerbs. Eine Vorstufe ist ein EU-Finanzministerium, das die Steuersätze langsam angleicht: ein innereuropäisches Steuerkartell. Daß Vorstöße in diese Richtung von deutscher Seite kommen, ist beschämend. Sie machen klar, daß es nicht nur Umverteilung zwischen den Euro-Staaten gibt. Die Finanzminister machen eben gerne gemeinsame Sache gegen ihre Bürger.

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