© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/13 19. Juli / 26. Juli 2013

Baumarktkette Praktiker muß Insolvenz anmelden
20 Prozent Hoffnung
Jörg Fischer

Des einen Freud ist des andren Leid – dies gilt auch beim Blick auf die Insolvenz der Baumarktkette Praktiker. Regelmäßige Aktionen wie „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“, später dann 35-Prozent-Gutscheine und jüngst sogar 35-Prozent-Rabatt im Saisonschlußverkauf erfreute die Kunden.Millionenschwere Beraterverträge ließen die Kasse bei Unternehmen wie Roland Berger Strategy Consultants und teuren Wirtschaftskanzleien klingen, weil beim Praktiker-Vorstand offenbar guter Rat zu teuer war.

Auch globale Immobilienfonds wie Ixis AEW Europe, die 2005 Dutzende Praktiker-Liegenschaften vom deutschen Metro-Konzern übernahmen, freuten sich jahrelang über Millioneneinnahmen, denn die blau-gelben Baumärkte waren nur eingemietet. In Krisenzeiten rächt sich aber die an kurzfristigen Gewinnen und Ausschüttungen orientierte „Strategie“, eigene Verkaufsstätten zu veräußern und anschließend vom neuen Eigentümer zurückzumieten. Mit dem amerikanischen Sale-and-Lease-Back-Verfahren haben sich vor Jahren auch zahlreiche deutsche Kommunen (Stichwort: Cross-Border-Leasing) millionenschwer verhoben.

Die Praktiker-Aktionäre und Anleihehalter müssen sich nicht wundern, wenn beim Insolvenzverfahren kaum Masse vorhanden ist. Die Immobilienvermieter suchten ohnehin schon emsig nach Alternativen. Im Mai blieben bereits Mieten aus. An mangelnder Nachfrage, dem Internet oder der Finanzkrise scheiterte Praktiker nicht. Bei dem in Schweizer Händen befindlichen Konkurrenten Bauhaus wuchs der Umsatz 2012 um 5,3 Prozent, beim Mittelständler Hellweg waren es 4,6 Prozent, bei Marktführer Obi 3,5 Prozent. Auch B1, Hagebau oder Hornbach freuen sich nun auf Praktiker-Kunden. Wenn am Ende 20 Prozent der Märkte – als Max Bahr oder vielleicht sogar dem US-Signet Home Depot – und ein Teil der Beschäftigten bleiben können, dann wäre dies mehr als Schlecker. Denn ein Fünftel ist besser als gar nichts.

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