© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/13 / 02. August 2013

Grüße aus Santiago de Cuba
Eine Woche Karneval
Alessandra Garcia

Sie sind alle angereist. Migdalia aus Paris, Yamira aus Rom, Katia aus der Schweiz, Yadira und Yamile aus Frankfurt. Die ganzen alten Freundinnen, die es in den vergangenen Jahren – der Liebe oder der besseren Lebensbedingungen wegen – außer Landes getrieben hat. Sogar Yisel, die seit fünf Jahren in den USA lebt, ist gekommen.

Grund für das Treffen von Kubanern – wohlgemerkt nicht Exilkubanern, denn sie alle legen Wert darauf, daß sie zwar ihren permanenten Wohnsitz im Ausland haben, aber weiterhin kubanische Staatsbürger sind – ist der Karneval in Santiago de Cuba. Eine Woche lang wird auf den Straßen der ostkubanischen Metropole, der Hauptstadt der alten Provinz Oriente, getanzt und gefeiert.

Ab 22 Uhr, wenn sich die Hitze des Tages ein wenig gelegt hat, signalisieren Trommeln und Tröten: Auf zum Tanzen, auf zum Bier- und Rumtrinken, auf zum Vergnügen! Dann ist es in der heißesten Stadt der Insel noch heißer.

Tanz- und Karnevalgruppen aus dem ganzen Land zeigen ihre neuesten Darbietungen und Kostüme. Und die besten, vorneweg die Berufstänzer der berühmten Tanzshow Tropicana, dürfen sich auf den Umzugswagen präsentieren. Dicht gedrängt stehen die Menschen am Straßenrand und jubeln.

Aus allen Stadtteilen Santiagos, aus San Pedrito, Alta Mira, Los Cangrejitos und Chicharrones, strömen die Gruppen in die Avenida Garzon. Mit viel Improvisation haben sie sich ihre Kostüme geschneidert.

Aus wenigem wurde viel gezaubert. Auch viele Instrumente sind selbst gebaut. Getrommelt wird auf Autofelgen, die chinesischen Tröten fertigten findige Werkzeugmacher. Sie bilden die Grundlage für den Conga, jenen stampfenden Tanzrhythmus, bei dem kein Kubaner stillhalten kann.

Früher durften die Santiagueros erst feiern, wenn Revolutionsführer Fidel Castro seine Gedenkrede beendet hatte. Denn am 26. Juli 1953 versuchte ein Kommando unter seiner Führung mit dem Überfall auf die Moncada-Kaserne in Santiago die Initialzündung für einen Aufstand zu geben. Bewußt wählte man den Karneval, in der Hoffnung, die Wachen seien weniger aufmerksam. Aber die Revolutionäre scheiterten. Wenige überlebten.

Daran erinnerte Präsident Raúl Castro am 26. Juli anläßlich des 60. Jahrestages des Moncada-Aufstandes. Brav lauschten die Santiagueros, klatschten und zogen weiter zum Karneval.

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