© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/13 / 16. August 2013

Welle der Gewalt gegen AfD-Wahlkämpfer
„Alternative für Deutschland“: Die Euro-kritische Partei sieht sich zum Beginn des Straßenwahlkampfes zahlreichen Angriffen ausgesetzt
Marcus Schmidt

Sie kommen in der Nacht. Wo am Abend noch Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) Plakate aufgestellt haben, finden sich am nächsten Morgen nur noch Reste der mutwillig zerstörten Werbetafeln. Allein in Berlin-Pankow fielen nach Angaben der Partei innerhalb von drei Tagen 70 Plakate den unbekannten Tätern zum Opfer.

Seit Anfang August der Straßenwahlkampf begonnen hat, sieht sich die Euro-kritische AfD einer Welle von Sachbeschädigungen ausgesetzt. Neben Berlin wurden unter anderem auch aus Hamburg und Lübeck großflächige Plakatzerstörungen berichtet. Doch nicht immer bleibt es bei abgerissenen Plakaten. In Berlin wurde in der vergangenen Woche ein Lastwagen, der AfD-Plakate geladen hatte, durch Steinwürfe beschädigt.

Besonders dramatisch sieht es in Göttingen aus: Am Wochenende mußte die AfD einen Wahlkampfstand in der Fußgängerzone vorzeitig abbrechen, nachdem der Stand von rund 20 Linksextremisten bedrängt und die Parteimitglieder als „Nazis“ beschimpft worden waren. Obwohl Dutzende Beamte im Einsatz waren, gelang es der Polizei nicht, sich durchzusetzen. Stattdessen teilte die Polizei fast entschuldigend mit, daß es zu ihrem „gesetzlichen Auftrag“ gehöre, derartige Veranstaltungen zu schützen, „unabhängig von der politischen Ausrichtung der entsprechenden Partei“.

Zu der Störaktion hatte unter anderem die Grüne Jugend aufgerufen. „Ziel der Kampagne ist es, rechte, rassistische, nationalistische, antisemitische und islamfeindliche Propaganda aus dem Bundestagswahlkampf aktiv herauszuhalten“, heißt es dazu auf der Internetseite des Parteinachwuchses. Zugleich wird dazu aufgefordert, „rechte Propaganda im Raum Göttingen“ zu melden „oder anderweitig aktiv“ zu werden. Offenbar mit Erfolg. Auch im benachbarten Duderstadt wurden Plakate zerstört. Nach weiteren Gewalt- bis hin zur Morddrohung hat nun ein Beisitzer des Kreisvorstandes die AfD verlassen. Jetzt überlegt die Partei, ob der Wahlkampf in Göttingen abgebrochen wird. Die Parteiführung ist alarmiert. AfD-Sprecherin Frauke Petry appellierte an Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin, der in Göttingen als Direktkandidat antritt, zu reagieren. Er müsse sich „klar von diesen undemokratischen Umtrieben distanzieren“. Am Montag reagierte der Kreisverband der Grünen mit einer Erklärung. Es sei legitim, wenn sich die Grüne Jugend kritisch mit dem „offenkundigen Abgrenzungsproblem“ der AfD „nach rechts“ auseinandersetze. „Wir lehnen allerdings jegliche Zerstörung des Eigentums der AfD strikt ab“, versicherten die Grünen.

AfD-Chef Bernd Lucke sprach unterdessen angesichts der Angriffe von einer „Ohrfeige für jeden Demokraten“. Meinungsverschiedenheiten seien in einer freien Gesellschaft normal. „Aber wer auf Gewalt und Zerstörung setzt, um seiner Sache Gehör zu verschaffen, der hat den Boden der Demokratie längst verlassen“, sagte Lucke. Mittlerweile haben AfD-Mitglieder eine Internetseite eingerichtet, auf der Übergriffe gemeldet werden können.

Doch nicht nur auf der Straße sieht sich die AfD Angriffen ausgesetzt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagte in einem Interview, er hoffe, daß die AfD nicht in den Bundestag einziehe. „Unsere Zukunft liegt in Europa und nicht in der Rückkehr in die Nationalstaaten“, sagte er dem Badischen Tagblatt. Die AfD-Bundestagskandidatin Beatrix von Storch warf dem Erzbischof daraufhin in einem offenen Brief vor, sein Amt zu mißbrauchen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen