© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/13 / 23. August 2013

Lockerungsübungen
Grüne kontra Ausländer
Karl Heinzen

Die Grünen geraten selten wegen ausländerfeindlicher Entgleisungen in die Kritik. Intolerant sind sie grundsätzlich nur gegenüber Ewiggestrigen, mögen diese nun Deutsche oder Angehörige anderer Nationen sein. Den guten Ruf der Partei setzt jetzt ausgerechnet ihr prestigeträchtiger Landesverband Baden-Württemberg aufs Spiel.

Gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner hatte man nach der gewonnenen Wahl noch artig Wort gehalten und die Studiengebühren an den Hochschulen des Landes abgeschafft. Unterdessen scheint jedoch die Erkenntnis gereift zu sein, daß diese noble Geste viel Geld gekostet hat, und es wird nach Wegen gesucht, die Entscheidung unter Gesichtswahrung zu revidieren. Einen hat die grüne Fraktionschefin im Stuttgarter Landtag, Edith Sitzmann, ins Spiel gebracht: Würde man Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger einführen und ihnen zudem 1.000 Euro statt, wie vor der grün-roten Regierungsübernahme, 500 Euro pro Semester abverlangen, käme dabei vermutlich ein zweistelliger Millionenbetrag zusammen.

Vielleicht wollte Sitzmann bloß die neoliberale Klaviatur bedienen, um im Wahlkampf zu zeigen, daß die Grünen die wahren Erben der FDP sind. Ihre Äußerung kann jedoch auch als kryptorassistisch aufgefaßt werden. Bislang gaben die Grünen vor, die Sorge vor einer Festung Europa, die Menschen aus anderen Kontinenten die Zuwanderung erschwert, zu teilen. Dies ist nun in Frage gestellt.

In ihrem Bemühen, den Vorschlag der eigenen Klientel nahezubringen, hat sich Sitzmann noch weiter ins Abseits manövriert. Ihre Behauptung, die betroffenen Studenten aus Asien und den USA könnten sich die Studiengebühren wohl leisten, weil ihre Elternhäuser nicht zu den ärmsten zählten, ist so kühn wie zynisch. Ausländer dürfen auch dann nicht diskriminiert werden, wenn sie aus reichen Familien stammen.

In der Wirtschaft werden die Grünen mit ihrem Vorstoß nicht punkten. Diese ist froh über jeden, der bereits eine fundierte Schulausbildung mitbringt. Sie weiß, daß viele der Studenten hier bleiben und den Fachkräftemangel lindern werden. Manche von ihnen werden auch die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben. Wenn sie von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen, dürften die Grünen nicht mehr ihre erste Wahl sein.

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