© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/13 / 23. August 2013

Blick in die Medien
Rassismusvorwürfe verkaufen sich gut
Toni Roidl

Es war das gefundene Fressen für alle Qualitätsjournalisten, die den Schweizern ihre Minarett-Abstimmung nie verziehen haben: Die schwarze Milliardärin Oprah Winfrey wurde beim Einkaufen in Zürich rassistisch beleidigt! Eine weiße Verkäuferin habe ihr eine Tasche nicht zeigen wollen, weil diese zu teuer für die schwarze TV-Talkerin sei.

Oprah Winfrey, die eigens zur Hochzeit von Tina Turner nach Zürich gereist war, jammerte daraufhin im US-Fernsehen über ihr Trauma. Die Empörung wogte haushoch: „Ist die Schweiz rassistisch?“ fragten die Medien, um die Antwort gleich mitzuliefern. Der Zickenkrieg in einer Boutique uferte zu internationalen Rassismusvorwürfen aus.

Der Schweizer Politologe und Sozialdemokrat Andreas Gross geißelte seine eigenen Landsleute in toto in der Presse als „unfähig im Umgang mit Fremden!“ Nach einigen Tagen Trommelfeuer hieß es: „Jetzt wehrt sich die Verkäuferin“. Die Angestellte der Edelboutique dementierte die Vorwürfe und schilderte einen anderen Hergang.

Daraufhin die Wende: Oprah Winfrey rudert plötzlich zurück und erklärt öffentlich, der Wirbel tue ihr leid, sie habe die Schweiz nicht runtermachen wollen und alles sei halb so schlimm gewesen. Sie bestehe auch nicht mehr auf einer Entschuldigung.

Inzwischen ist die umstrittene Tierschutzorganisation Peta auch noch dahintergekommen, daß Oprah sich für eine Tasche aus Krokodilleder interessierte und macht nun ihrerseits in Sozialen Netzwerken Hatz auf die Moderatorin.

Übrigens nicht die erste Affäre: Schon 2005 hatte Winfrey den Mitarbeitern des Pariser Modehauses Hermès öffentlich Rassismus vorgeworfen – weil diese sie eine Viertelstunde nach Ladenschluß nicht mehr in das Geschäft lassen wollten.

Ein Gutes hat der ganze Wirbel für Winfrey dennoch: Ihr Kabel-Fernsehsender OWN hat nun erstmals schwarze Zahlen geschrieben.

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