© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/13 / 23. August 2013

„Guardian“ will sich Regierung nicht beugen
Pressefreiheit: Britische Geheimagenten zwingen Tageszeitung zur Herausgabe von Beweismaterial / Journalist festgenommen
Ronald Gläser

Britische Geheimagenten haben den Guardian gezwungen, Beweismaterial von Edward Snowden zu vernichten. Damit hat die Auseinandersetzung zwischen Medien und Geheimdiensten eine neue Qualität gewonnen.

Der Chefredakteur der britischen Tageszeitung Alan Rusbridger hat am Montag in einem Onlineartikel von diversen Einschüchterungsversuchen durch britische Geheimdienstmitarbeiter berichtet. Rusbridger schreibt, er sei bereits vor zwei Monaten von einem hochrangigen Beamten kontaktiert worden. Daraufhin habe es zwei Treffen gegeben, bei denen er aufgefordert worden sei, das von Geheimdienstmann Edward Snowden preisgegebene Material zu zerstören. Andernfalls seien drakonische Strafen angedeutet worden.

Nach einem Monat wurde Rusbridger in einem Anruf mitgeteilt: „Ihr hattet euren Spaß, jetzt wollen wir das Zeug zurück.“ Später hätten zwei Sicherheitsexperten des Government Communications Headquarters (GCHQ) die Vernichtung von Festplatten im Keller des Zeitungsverlages beaufsichtigt, so Rusbridger. Wie und warum er dem Drängen der Agenten nachgegeben und die Zerstörung des Materials angeordnet hat, ließ er offen. Allerdings zitiert er einen der beiden, der gesagt haben soll: „Dann können wir die schwarzen Helikopter jetzt zurückschicken.“

Die Veröffentlichung dieser Vorgänge ist der jüngste Schritt in der Eskalationsspirale der Ausspähaffäre, die durch den Guardian-Journalisten Glenn Greenwald ans Tageslicht gebracht worden ist. Erst am Sonntag hatten britische Behörden dessen Lebensgefährten, den Journalisren David Miranda, stundenlang am Flughafen von London unter Berufung auf Anti-Terror-Gesetze festgehalten und verhört.

Für Chefredakteur Rusbridger sind diese Einschüchterungsversuche eine Gefahr für die freie Presse. Er kündigte dennoch an, seine Arbeit über den NSA-Skandal fortzusetzen. „Nur werden wir es nicht von London aus tun“, so Rusbridger. Außerdem deutet er an, Kopien des vernichteten Materials zu besitzen.

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