© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/13 / 30. August 2013

Blick in die Medien
Überraschung: „Bild“-Blome zum „Spiegel“
Paul Rosen

Ein „Sturmgeschütz der Demokratie“ hatte Rudolf Augstein sein Nachrichtenmagazin Spiegel genannt. Und Richtschütze am Sturmgeschütz darf jetzt Nikolaus Blome (47) werden, ein Springer-Mann der Bild und davor der Welt.

Die Nachricht ließ Berlin-Mitte, wo fast alle „irgendwas mit Medien“ machen, erst einmal kopfstehen. Der Mediendienst Turi2 schrieb, der neue Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner mache jetzt mit Blome ein „konservatives Aushängeschild“ zum Leiter des Hauptstadtbüros. Der Journalist sei in allen Talkshows gerngesehener Gast „in der Rolle des konzilianten Konservativen“.

Der Branchendienst Meedia mutmaßt, daß politische Ideologien redaktionsintern nunmehr als passé zu gelten hätten. Der Spiegel müsse jetzt politisch härter positioniert werden und damit weg von „Titelgeschichten über Rückenschmerzen“. Springer-Journalisten, die Blome erlebt haben, bezweifeln diese Interpretation. Zwar erwecke er den Eindruck, im Kanzleramt ein- und auszugehen, sei aber eher ein Linker. Es sei daher fehl am Platz, dem linksliberalen Hamburger Magazin einen „Kulturbruch“ unterstellen zu wollen. Die Belegschaft sieht das wohl anders und ist sauer wegen der Personalie. Die Entscheidung ist also noch nicht in trockenen Tüchern.

Aber wird nicht auch die Rolle von Bild überschätzt? Springers einstiges Kampfblatt ist langweilig und genausowenig relevant wie die siechende Welt. Auch dort trug Blome maßgeblich Verantwortung. Bild verlor in den letzten fünf Jahren mit Blome ein Viertel der Auflage.

Somit ist Blome keine Rettung für den ebenfalls kränkelnden Spiegel, sondern steht für Kontinuität der Probleme. Mangel an Selbstbewußtsein hat er aber nicht, was der Tagesspiegel treffend glossierte. Blome, so hieß es da zum Zusammenspiel seines Verhaltens und seiner Körpergröße, fühle sich als „legitimer Nachfolger Napoleons“.

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