© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/13 / 06. September 2013

Trotz Schuldenbergs bleibt der US-Dollar die Weltreservewährung
Monetäres Schmiermittel
Wilhelm Hankel

In den USA wird eine Debatte über das wahre Ausmaß der Staatsschulden geführt. Laut US-Finanzministerium beträgt sie bald 17 Billionen US-Dollar – weit über 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Weit gefehlt, kontert James Hamilton, Ökonomieprofessor von der University of California. Wenn man die Schulden aller Nebenhaushalte (Soziales, Gesundheit oder Straßenverwaltung) mit einkalkuliere, seien es 70 Billionen Dollar, rechnet er in einer Studie für das National Bureau of Economic Research (NBER) vor.

Laurence Kotlikoff von der Harvard-Universität, einst Mitglied im Rat der Wirtschaftsberater (CEA) des Weißen Hauses, konstatiert für die öffentlichen Kassen der USA sogar eine Rückzahlungshypothek von 211 Billionen Dollar. Einig sind sich beide Experten allerdings darin: beides sei viel zu hoch.

Doch die meisten Länder der Welt sehen das offenbar anders. Die Weltwährungsreserven haben sich seit Ausbruch der Finanzkrise 2007 mehr als verdreifacht – auf derzeit umgerechnet etwa zehn Billionen US-Dollar. Doch der Anteil des US-Dollars an ihnen ist praktisch unverändert: Er liegt bei etwa 80 Prozent. Lediglich der Anteil des Goldes ist – trotz oder wegen des Preiseinbruchs bei Edelmetallen – leicht gestiegen.

US-Verschuldung und Krise hin oder her: Die exportstarken Länder der Welt, allen voran China, gefolgt von Japan, Saudi-Arabien, Rußland und der Schweiz – sie alle sehen im US-Dollar weiter ein geringeres Verlustrisiko als in jeder anderen Währung der Welt – vor allem auch im Vergleich zum Euro. Und warum? Mit Vertrauen in die Wirtschaftskraft der USA oder gar Liebe zu den Yankees hat das nichts zu tun. Wer als Ausländer sein Geld in US-Dollar anlegt oder hält, will ja nicht, daß es zurückgezahlt wird – er bekäme für seine alten Dollar ohnehin nur „frisch gedruckte“ Scheine zurück.

Vor Einführung der D-Mark 1948, als man – wegen der kriegsbedingt erneut wertlos gewordenen Reichsmark – Ware nur gegen Ware „kaufen“ konnte, sprach ein deutsches Gericht einen Schwarzhändler frei, der seinen Kunden unbrauchbare Kerzen ohne Docht angedreht hatte. Er habe sie nicht betrogen, weil diese Kerzen ja nicht zum Brennen gedacht waren, sondern für weitere Tauschgeschäfte! Mit dieser Argumentation hatte er seine Richter überzeugt. Die Welt kauft und hält Dollar nicht, damit die USA sie einlösen, sondern andere – Staaten, Banken, Unternehmen oder Privatleute – sie kaufen. Die Investoren interessiert nicht der „Wert“ des US-Dollars, sondern seine „Liquidität“. Sie vertrauen darauf, daß mit seiner Hilfe der monetäre Tauschhandel – man kann ihn auch internationalen Finanzkapitalismus nennen – funktioniert.

 

Prof. Dr. Wilhelm Hankel ist Währungsexperte und führender Euro-Kritiker. Mit Fachkollegen klagte er gegen den Maastricht-Vertrag, die Griechenlandhilfe und den Euro-Rettungsschirm.

Die NBER-Studie „Off-Balance-Sheet Federal Liabilities“ von James D. Hamilton:

www.nber.org

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