© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/13 / 06. September 2013

Weiße Küßchen
Werbung: Ferrero reagiert auf Rassismus-Vorwürfe
Toni Roidl / Thorsten Thaler

Bei einer Bundestagswahl Reklame auch für Konsumprodukte zu treiben, gehört zum Einmaleins der Werbewirtschaft. Deshalb entwarfen die Kreativen eines Süßwarenherstellers für die dauerhafte Produkteinführung von „Weiße Ferrero Küßchen“ eine Kampagne unter dem Motto „Deutschland wählt weiß. Weiße Ferrero Küßchen für immer“. In einem Werbefilm wurde zudem die Obama-Kampagne „Yes, we can“ zu „Yes, weiß can“ persifliert.

Prompt stellten zivilcouragierte Gesinnungsaufseher das Unternehmen an den Rassismus-Pranger. Der Soziologieprofessor und „Rassismusforscher“ Wulf Hundt (Universität Hamburg) dozierte: „In den USA konnte ein Schwarzer die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich bringen, in dem Clip hingegen gilt, Deutschland muß weiß bleiben. Dahinter steckt der Gedanke von der Überlegenheit der Weißen, wie sie von Rassisten vertreten wird.“

Der Erfolg solcher Denunzierungen ließ nur wenige Tage auf sich warten. Der Süßwarenhersteller distanzierte sich in einer Mitteilung „klar von derartigen Vorwürfen“ und will nun seine Werbung für die mit weißer Schokolade überzogenen „Ferrero Küßchen“ ändern.

Der Vorgang reiht sich nahtlos ein in eine Kette von ähnlich gelagerten Fällen. Rassismus ist in Deutschland noch gängiger als Apfelmus oder Pflaumenmus. Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht eine öffentliche Person oder ein Unternehmen mit der Rassismuspeitsche gezüchtigt würde.

Realsatirischer Höhepunkt im vergangenen Jahr: Altkomiker Dieter Hallervorden geriet wegen eines ausgesprochen antirassistischen Bühnenstückes paradoxerweise unter Rassismusverdacht. In diesem Jahr ging es gleich weiter: Im Januar erwischte es Volkswagen. Auslöser war ein Werbespot in den USA. In dem Film spricht ein Weißer mit jamaikanischem Akzent. Der jamaikanische Tourismus-Minister lobte den Clip. Doch für weiße Menschenrechtler stand fest: Rassismus! Wer das jetzt nicht versteht – viele Jamaikaner haben’s auch nicht verstanden.

Im April traf es eine Bäckerei in Sachsen. Die warb für einen Schokokuchen mit dem Foto eines schwarzen Babys. Folge: Rassismus-Geschrei, bedrohte Verkäuferinnen, zerstörte Plakate. Übrigens: Das niedliche schwarze Baby ist das Kind einer Mitarbeiterin einer Gästefarm in Namibia, die von der sächsischen Bäckerei unterstützt wird – aber das wollte niemand mehr wissen.

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