© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Angriff auf die Milizarmee
Schweiz: Ein breites bürgerliches Bündnis ruft die Eidgenossen auf, gegen die Abschaffung der Wehrpflicht zu stimmen
Frank Liebermann

Die einen sehen in ihr einen absurden, alten Zopf, die anderen bezeichnen sie als Erfolgsmodell. Die Schweiz ist neben Österreich, Norwegen und Dänemark eines der letzen Länder in Westeuropa, welches auf der Wehrpflicht besteht. Mit rund 185.000 Soldaten hat das kleine Land eine verhältnismäßig große Truppe. Kritiker stellten immer wieder die Frage, wie zeitgemäß diese Massenarmee noch sei, brauche es doch auf den heutigen Schlachtfeldern technologisch ausgebildetes Fachpersonal, welches die modernen Waffensysteme bedienen könne.

Am 22. September sollen die Schweizer nun über den Fortbestand von Wehrpflicht und Milizarmee abstimmen. Urheber der Volksinitiative ist die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA), die ihr Ansinnen damit begründet, niemanden mehr zwingen zu können, seine Zeit mit solchen „sinnlosen Aktivitäten“ zu „vergeuden“. Auch führe die Wehrpflicht zur „Verrohung der Menschen“ und „zementiere Geschlechterrollen“.

Dabei ist es nicht das Ziel der GSoA, die Armee abzuschaffen, sondern nur eine Verkleinerung. Die Schweiz solle nur nachvollziehen, was andere europäische Staaten ebenfalls erledigt hätten. Angesichts der Bedrohungslage reiche eine kleine Armee. Der Initiative angeschlossen haben sich die Grünen und die Sozialdemokratische Partei (SP). Sie wollen die eingesparten Mittel effizienter einsetzen, beispielsweise für die Energiewende.

Hingegen spricht sich ein bürgerliches Bündnis von Schweizerischer Volkspartei (SVP), Christlichdemokratischer Volkspartei (CVP), FDP, der Bürger-Demokratischen Partei (BDP) und den Grünliberalen (GLP) gegen die „Unsicherheits-Initiative“ aus. „Wehrpflicht ist Bürgerpflicht“ verkündete der SVP-Verteidigungsminister Ueli Maurer. Gerade Länder wie Deutschland dienen in der Debatte als Negativbeispiel, da es hier massive Probleme bei der Rekrutierung gebe. Durch die Wehrpflicht, so Maurer, sei eben sichergestellt, daß eine gewisse Qualität des Personals vorhanden sei. Unterstützt wird das Bündnis von der Schweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG), die den Wunsch nach Aufhebung der Wehrpflicht als „Angriff auf das Milizsystem“ wertet. Eine Freiwilligen- und Berufsarmee, so die SOG, führe nicht nur zu „massiven Rekrutierungsproblemen“, sondern auch zu einer „Entfremdung der Armee von der Bevölkerung“.

http://unsicherheits-initiative-nein.ch

www.gsoa.ch

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