© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/13 / 20. September 2013

Deutscher Irrweg
Energiekosten: Eine ganz große Koalition betreibt Politik gegen die Bürger
Klaus Peter Krause

Es ist eine große Investition von über einer halben Milliarde Euro“ und „eine wirkliche Zukunftsinvestition“, schwärmte Angela Merkel bei der Grundsteinlegung zur Erweiterung der Solarzellenfertigung der Bosch-Tochter Ersol im thüringischen Arnstadt. Die Solarenergie sei zwar „noch mit einem sehr hohen Subventionsbedarf behaftet“, aber „wir alle arbeiten daran, daß erneuerbare Energien irgendwann in absolute Marktfähigkeit übergehen“, so die Kanzlerin.

Fast auf den Tag genau fünf Jahre später, am 22. März dieses Jahres, verkündet Bosch den Ausstieg aus der Solartechnik und damit das Aus für Merkels „Zeichen der Hoffnung“. Insgesamt 2,4 Milliarden Euro hat der Stuttgarter Technologiekonzern auf seinem Sonnenstromirrweg verbrannt. Der Subventionsbedarf für Photovoltaik bleibt aber bestehen – nur daß die Solarmodule nicht mehr aus Deutschland, sondern meist aus China kommen (JF 35/13).

Und die Energiepolitik der Bundesregierung treibt den Strompreis weiter hoch. Denn die Zwangsabgabe für Strom aus Solar-, Wind- oder Biogasanlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gleicht die fehlende Marktfähigkeit künstlich aus. Für eine Kilowattstunde muß ein privater Haushalt derzeit im Schnitt 29 Cent zahlen – über ein Fünftel davon ist dem EEG geschuldet. Der Chef der halbstaatlichen Deutschen Energie-Agentur (Dena), Stefan Kohler, prognostiziert, daß die EEG-Umlage 2014 von 5,28 auf bis zu sieben Cent pro Kilowattstunde (kWh) klettern könnte. Dann müßte ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 5.000 kWh hundert Euro mehr als in diesem Jahr und insgesamt dann 415 Euro jährlich zahlen – allein um die EEG-Umlage zu decken, rechnet das Vergleichsportal Check 24 vor.

Der genaue Wert wird allerdings erst am 15. Oktober, also drei Wochen nach der Bundestagswahl, von den verantwortlichen Übertragungsnetzbetreibern verkündet. Ohne eine Wende der „Energiewende“ oder zumindest halbherzige Änderungen könnte der Haushaltsstrompreis 2015 auf 34 Cent und im Jahr 2020 sogar auf 51 Cent steigen. So rechnet es die Anti-EEG-Bewegung (Naeb) vor. Schon 2012 seien die Haushalte mit monatlich 83 Euro für die „Ener­giewende“ belastet worden, ohne daß dies im Strompreis offen ersichtlich sei. Anläßlich der EEG-Einführung 2003 hatte der damalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin noch von nur einem Euro je Monat gesprochen, um die zusätzlichen Kosten der „Erneuerbaren Energien“ zu verharmlosen.

Im Bundestagswahlkampf drückten sich die Bundestagsparteien anfangs um das EEG-Thema herum. Erst als die neue Partei Alternative für Deutschland (AfD) die Strompreise aufgriff, kam scheinbar etwas Bewegung auf. Doch die Beißhemmung der rot-grünen Oppositionsparteien ist erklärbar: Sie bilden mit Union und FDP gleichsam eine ganz große Koalition gegen die Interessen der Bürger – wie bei der vorgeblichen Euro-Rettungspolitik, mit der in Wahrheit nur Banken, deren Aktionäre und Gläubiger sowie überschuldete Euro-Staaten und deren Gläubiger vor Zahlungsunfähigkeit und Vermögensverlust bewahrt werden, zumindest vorerst.

Bezeichnend ist die Heuchelei von Sigmar Gabriel: „Wenn die Energiewende nicht komplett neu gestartet und endlich professionell gesteuert wird, stehen wir vor dem größten Deindustrialisierungsprogramm unserer Geschichte“, warnte der SPD-Chef. Der ungehemmte Ausbau der „Erneuerbaren Energien“ geht ihm plötzlich zu weit: „Je mehr, desto besser – das ist falsch.“ Als Bundesumweltminister (2005 bis 2009) klang das noch ganz anders.

Und die CDU monierte in ihrem Wahlprogramm von 2005: „Fast nirgends in Europa ist Energie so teuer wie in Deutschland. Das ist das Ergebnis von ideologischer Energiepolitik. Das belastet die privaten Haushalte, erhöht die Produktionskosten, kostet Arbeitsplätze und beschleunigt die Deindustrialisierung. Der Ausstieg aus der Kernenergie ist umweltpolitisch und auch technologisch verheerend. Die dadurch aufgerissene Stromversorgungslücke in Deutschland kann nur mit zusätzlichen fossilen Kraftwerken und mehr schädlichen CO2-Emissionen geschlossen werden.“ Seit 2011 ist der so kritisierte Atomausstieg Merkels Regierungspolitik, der angebliche „Klimakiller“ Braunkohle erlebt seine Renaissance. Von 2000 bis 2012 hat sich der Verbraucherpreis für Strom tatsächlich verdoppelt – und das EEG treibt den Preis weiter nach oben.

Sollten die speziell von den Grünen kritisierten EEG-Ausnahmen für energieintensive Unternehmen abgeschafft werden, könnte die EEG-Umlage zwar kurzfristig sinken, doch Hunderttausende Arbeitsplätze – von der Aluminium- über die Chemie- bis zur Zementindustrie – wären von Abwanderung bedroht. Das EEG-Prinzip – die Stromkunden zahlen für die staatlich garantierten, völlig überhöhten Stromabnahmepreise der Ökostromerzeuger – soll aber nicht angetastet werden. Das EEG soll daher nicht abgeschafft, die „Erneuerbaren“ nicht dem freien Marktgeschehen ausgeliefert werden. Nur hier und da soll nach der Wahl etwas „reformiert“ und an ein paar Schräubchen gedreht werden.

Dabei gibt es längst Bücher, die den Widersinn dieser deutschen Energiepolitik belegen und deren Begründung widerlegen: „Energiepolitik in Deutschland – das Geschäft mit der Angst“ von Jürgen Langeheine (Athene Media Verlag 2012), dann „Die Klimakatastrophe – ein Fehlalarm?“ von Ulrich Weißer (Diplomica Verlag 2012) sowie „Energie und Klima – Chancen, Risiken, Mythen“ von Horst-Joachim Lüdecke (Expert-Verlag 2013). Sie alle zeigen: Diese Energiepolitik ist ein deutscher Irrweg. Unnötig verteuert sie die Energie, und sie gefährdet unsere sichere Energieversorgung.

Foto: Skeptischer Blick auf den Stromzähler: Die nächste Erhöhung der Ökostromzwangsabgabe wird erst nach der Bundestagswahl bekanntgegeben

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