© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/13 / 27. September 2013

Lockerungsübungen
Kinder sind Luxus
Karl Heinzen

Auf der diesjährigen Messe „Kind+Jugend“ in Köln herrschte Optimismus vor. 2012 fuhren die deutschen Anbieter von Möbeln, Spielzeug, Bekleidung und anderen Gütern für Kleinkinder im Alter von bis zu drei Jahren einen Umsatz von 2,3 Milliarden Euro ein. Lag dieser Wert auch um zwei Prozent unter jenem des Vorjahres, so wurde er doch mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung als mehr als nur zufriedenstellend eingeschätzt. Positiv stimmte zudem der Anstieg der Geburtenrate, mochte er auch noch so klein und nicht von Dauer sein. Für eine Branche, der langfristig die Kunden auszugehen drohen, ist jeder Zeitgewinn kostbar.

Die Schranke, die Paare davon abhält, eine Familie zu gründen, wird immer unüberwindlicher.

Kommen mehr Kinder zur Welt, dürfen Unternehmen, die sich ihres Bedarfs annehmen, aber sowieso nicht automatisch auf eine entsprechende Umsatzsteigerung hoffen. Investieren Eltern für die Anfangsausstattung ihres Erstlings durchschnittlich 2.855 Euro, so reduziert sich dieser Betrag bei jedem Geschwisterkind auf gerade 1.300 Euro, da zahlreiche Güter vom Wickeltisch bis hin zum Spielzeug mehrfach genutzt werden können. Im Interesse der Branche läge daher eine Familienpolitik, die nicht bloß die Geburtenrate steigern möchte, sondern bislang Kinderlose dazu motiviert, es wenigstens einmal mit Nachwuchs zu versuchen.

Allzuviel Hoffnung auf die Wirksamkeit von staatlichen Maßnahmen, die zu mehr und größeren Familien animieren sollen, ist allerdings nicht angebracht. Die Unternehmen, die auf „Kind+Jugend“ ausstellten, setzen daher nicht auf Massenware, sondern auf Produkte, die technisch immer komplexer werden, immer höhere Sicherheitsstandards erfüllen und immer kostbarer anmuten, so daß sich für sie auch immer höhere Preise durchsetzen lassen.

Diese Strategie ist zukunftsträchtig, weil auch in Familien das ökonomische Gesetz des abnehmenden Grenznutzens gilt. Werden Kinder seltener, steigt ihr Wert und damit die Bereitschaft, mehr in sie zu investieren. Der Kostenvorteil, den einzelne Kinder gegenüber mehreren heute noch bieten, scheint daher allmählich zu erodieren. Vor allem aber wird die Schranke, die Paare davon abhält, eine Familie zu gründen, immer unüberwindlicher. Wollen sie den Erwartungen entsprechen, die an verantwortungsbewußte Eltern gerichtet werden, dürften sie zunehmend erkennen, daß sie sich dies kaum noch leisten können.

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