© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/13 / 27. September 2013

Ökologische Schönheitskonkurrenz
Auf der Suche nach objektiven Kriterien für das Schutzgut Landschaftsbild / Naturschutz kontra Klimaideologie
Udo Dorner

Das Bundesnaturschutzgesetz fordert die Berücksichtigung des „Landschaftsbildes“. Dieses Schutzgut ist aber ein unbestimmter Rechtsbegriff, den in Konfliktfällen Richter fixieren. Dabei bleibt der Schutz ästhetischer Qualitäten, die subjektiv unterschiedlich empfundene „Schönheit“ einer Landschaft wohl zu oft auf der Strecke.

Sonst gäbe es den Widerspruch nicht, der Frank Roser (Institut für Landschaftsplanung, Uni Stuttgart) aufgefallen ist: Ungeachtet erstaunlicher Erfolge beim Gewässer- und Artenschutz schreite die „visuelle Zerstörung weiter Teile unserer Kulturlandschaften anscheinend unaufhaltsam“ voran (Naturschutz und Landschaftsplanung, 9/13). Konkret meint Roser damit die Verschandelung durch Windkraftanlagen. Die damit verknüpften ökonomischen Interessen hätten zugleich Ansprüche an die Gerichtsfestigkeit von Planungsentscheidungen erhöht und neue Diskussionen über das Schutzgut Landschaftsbild entfacht.

Naturschutz bei Planungen von Windpark-Arealen?

Ausgerechnet im windschwachen Baden-Württemberg wurde daher Rosers Pilotprojekt gestartet, das Handreichungen für großräumige naturschutzfachliche Planungen von Windpark-Arealen liefern soll. In sechs Regionen wurden Methoden der Landschaftsbildbewertung erprobt, mit denen sich die Naturschönheit künftig objektiver bestimmen lasse. Dabei bestätigen Rosers Datensätze über 300 Referenzstandorte, was bereits aus älteren Studien hervorgeht: Es gibt ein ästhetisches Grundverständnis darüber, wann ein Landschaftsbild hochwertig oder weniger hochwertig ist.

„Abwechslungsreiche Unberührtheit“ ist dabei das vorrangige Schönheitskriterium. Auf Rosers Wertskala stehen die Hochlagen des Schwarzwaldes und die von der Traufkante der Schwäbischen Alb geprägten Landschaften ganz oben. Daneben begeistern relativ ungestörte Täler der oberen Donau und von Jagst und Kocher, die eiszeitlich überformten Landschaften Oberschwabens oder der Kaiserstuhl. Etwa 15 Prozent der Landesfläche wären damit für Windkraftplaner tabu, obwohl ein Erlaß von 2012 Windkraft auch dort als wichtigen Belang anerkennt. Selbst Rosers objektivierende Modelle könnten somit in „schönsten“ Hochlagen kein Windrad verhindern.

Von den bereits ausgewiesenen Potentialflächen für Windnutzung liege aber nur ein sehr kleiner Teil in den Zonen „herausragender Schönheit“. Darum resultierten aus seinem zumindest für Baden-Württemberg etwas irrelevant erscheinenden Projekt keine Restriktionen „zuungunsten der Energiewende“.

Beitrag „Ist die Schönheit der Landschaft ­berechenbar?, in NuL 9/13:

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