© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/13 / 11. Oktober 2013

Sektierer müssen draußen bleiben
Alternative für Deutschland: Parteisprecher Bernd Lucke sorgt mit einem Aufnahmestopp für Ex-Mitglieder der islamkritischen Partei Die Freiheit für Irritationen
Marcus Schmidt

Der Blitzwahlkampf der Alternative für Deutschland (AfD) hat seine Spuren hinterlassen. Viele Mitglieder, die in den vergangenen Wochen und Monaten viel Freizeit und Geld in den Traum vom Einzug der Euro-Kritiker in den Bundestag investiert hatten, schnaufen erst einmal durch.

Für die Parteiführung gilt indes die von AfD-Sprecher Bernd Lucke ausgegebene Parole: „Wir bleiben im Wahlkampfmodus.“ Auch wenn er sich dies vermutlich etwas anders vorgestellt hatte. Statt sich auf den Europawahlkampf vorzubereiten, muß Lucke seine Partei erst einmal zusammenhalten. Denn in der vergangenen Woche hatte er mit einer Pressemitteilung für gehörige Aufregung in der AfD gesorgt. Darin verkündete Lucke einen „weitreichenden Aufnahmestopp“ für ehemalige Mitglieder der islamkritischen Partei Die Freiheit und andere Kleinparteien. „Die Regel ist jetzt, daß nicht aufgenommen wird“, kündigte Lucke an.

Vorausgegangen war dieser Stellungnahme die Ankündigung des Vorsitzenden der Freiheit, René Stadtkewitz, angesichts der eigenen Erfolglosigkeit die politischen Aktivitäten weitgehend einzustellen. Dies wurde allgemein als Aufruf an die Mitglieder verstanden, sich künftig in der AfD zu engagieren.

Die scharfe Reaktion Luckes darauf sorgte in der Partei für Unmut. Dem AfD-Sprecher wurde vorgeworfen, er habe eigenmächtig und ohne Absprache mit dem Vorstand gehandelt. Vor allem, daß Lucke der Freiheit „islamophobe Tendenzen“ unterstellte und sie als rechtspopulistisch bezeichnete, stieß einigen in der Partei, in der es schon zahlreiche ehemalige Mitglieder der Freiheit gibt, übel auf. Zur Vorgeschichte der kritisierten Pressemitteilung gehören zwei Auftritte Luckes in der ARD in den Tagen nach dem 22. September. Dabei mußte er sich in der Sendung „Anne Will“ sowie bei „Hart aber fair“ gegen massive Vorwürfe des „Rechtspopulismus“ zur Wehr setzen. Ausgangspunkt war eine Rede Luckes am Wahlabend, in der er von „entarteter Demokratie“ gesprochen hatte. Diese Wortwahl wurde in den beiden Sendungen in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt. Die ständigen Angriffe, die Lucke sichtbar aufbrachten, könnten eine Erklärung für seine Reaktion auf die Umarmungsversuche der Freiheit bieten.

Ein Vorabbericht des Spiegel befeuerte am Wochenende den Eindruck, Lucke habe sich dabei zu einem Alleingang hinreißen lassen. Das Magazin zitierte Luckes Ko-Sprecherin Frauke Petry mit der Aussage, der Vorstoß sei im Vorstand nicht abgesprochen gewesen. Unterstützung für sein Vorgehen fand Lucke dagegen bei seinem anderen Ko-Sprecher, Konrad Adam. Dieser verwies darauf, daß Lucke im übrigen nur einen Vorstandsbeschluß vom 18. April dieses Jahres wiedergegeben habe, in dem ehemaligen Mitgliedern extremistischer Parteien die Aufnahme in die AfD verwehrt werde.

Nach Ansicht Adams hat Luckes Abgrenzungskurs zudem durchaus seine Berechtigung. „Wir haben tatsächlich ein Abgrenzungsproblem auf der rechten Seite – und nicht nach links“, sagte Adam der JUNGEN FREIHEIT. Diese Tendenz beobachte er seit dem 22. September verstärkt. Angesichts der Genese der Partei sei dies zwar nicht verwunderlich und kein großes Drama. Ihm selbst sei aber in seinem hessischen Kreisverband zu Ohren gekommen, daß Stimmung gegen Lesben und Schwule sowie den Islam gemacht wurde. Dies seien unerfreuliche Tendenzen, die er nicht bereit sei hinzunehmen, sagte Adam. Zugleich widersprach er dem Eindruck, in der Frage des Aufnahmestopps für Ex-Mitglieder der Freiheit gebe es einen Konflikt im Vorstand.

Am Dienstag dann verschickte die AfD eine Erklärung, mit der die Parteispitze offenbar Einigkeit demonstrieren wollte. „Die Sprecher der Alternative für Deutschland, Konrad Adam, Bernd Lucke und Frauke Petry betonen, daß es in der Parteiführung völlige Übereinstimmung über die jüngst verhängte restriktive Aufnahmepolitik gebe“, heißt es darin. Lucke machte gleichzeitig noch einmal deutlich, daß die Euro-Kritiker vor allem Nichtwähler und Wähler etablierter Parteien für sich gewinnen wollen: „Frühere Mitglieder von Kleinparteien an den politischen Rändern oder mit sektiererischen Ansichten sind uns nicht willkommen“, stellte er klar. Eine Aussage, die in der Partei sicherlich noch für reichlich Diskussionsstoff sorgen dürfte. Kommentar Seite2

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