© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/13 / 11. Oktober 2013

Verliebt in Don Giovanni
„Naked Opera“: Porträt eines todkranken Reichen
Sebastian Hennig

Der Film „Naked Opera“ ist eine dokumentarische Seifenoper im eigentlichen Wortsinne. Ein wohlhabender todkranker Mensch, gleichermaßen klotzgrob und überfeinert, verzuckert seine Neigung zu willfährigen, käuflichen Lustknaben mit Aufführungen von Mozarts „Don Giovanni“. Keine andere Oper besucht er, diese dafür wieder und wieder an verschiedenen Häusern in Europa.

Angela Christlieb begleitet diesen Marc Rollinger mit seinen feilen Epheben nach Venedig, Wien und Berlin. Der versteht sich als Mitautor des Filmporträts, von dem er wünscht, es solle phantastisch werden und zugleich ein Ausschnitt aus der Wahrheit.

Marc Rollinger zehrt von einem phantastischen Reichtum und leidet zugleich an seiner äußerst prekären Konstitution. Sein Skelett löst sich bei lebendigem Leibe auf und kann von den Chirurgen nur mit vielen Nägeln instand gehalten werden.

Szenen von Don Juans Abenteuer in einer Opernverfilmung von Joseph Losey durchflechten die Filmhandlung. Als ein Gefährte Rollingers sich aus dem Staub machen will, wird die Szene mit der Aufnahme von Leporellos Abschied gekreuzt. Beide werden durch die Macht des Geldes gehalten. Ein andermal bekennt Rollinger: „Freunde hat man gerade so viele, wie man Macht, Ruhm und Reichtum hat.“ Angesichts der Schlußszenen von Mozarts Oper stellt er scharfsichtig fest: „Dann ändert sich die Musik vollkommen. Das ist nicht ein Heldenuntergang. Das ist jemand, der sich verrechnet hat.“ Es liegt nahe anzunehmen, Geld spiele hier keine Rolle mehr. Dem ist aber nicht so. In der Loge sagt er zu seinem Gespielen: „Mach was du willst. Aber es hat immerhin 138 Euro gekostet.“ Das ist eigentlich nicht der Rede wert und schlechter Stil eines Mannes, der sonst viel Wert auf Präsentation legt.

Doch im Hotel am Canal Grande wird es ihm schließlich zu viel äußerlicher Luxus. Er wechselt das Etablissement, bevor ihn die schwülstigen Kronleuchter und Spiegelrahmen, die grellen Farben erdrücken. Von einer Schau-Orgie der Schwulen-Subkultur, auf der sein Favorit mit dem bezeichnenden Kunstnamen Jordan Fox einen Preis als pornographischer Poseur verliehen bekommt, entflieht er in eine Kirche. Auf der Kirchenbank sind wir dem 33jährigen Luxemburger schon in der ersten Einstellung des Films begegnet. Da knipst er mit dem neuesten Foto-Telefon den Altar ab, bekreuzigt sich und tritt ins Freie.

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