© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/13 / 18. Oktober 2013

Der Humboldt Australiens
Vor 200 Jahren wurde der Entdecker, Botaniker und Geologe Ludwig Leichhardt in der Niederlausitz geboren
Jürgen W. Schmidt

Als Sohn eines nicht übermäßig begüterten, kinderreichen „Torfinspektors“ kam Ludwig Leichhardt am 23. Oktober 1813 im Dorf Trebatsch, etwa zehn Kilometer südlich des brandenburgischen Beeskow gelegen, zur Welt. In Cottbus absolvierte er das Gymnasium, um danach an den Universitäten zu Berlin und Göttingen von 1831 bis 1837 Philosophie, Philologie, Naturwissenschaften und Medizin, wenngleich ohne formellen akademischen Abschluß, zu studieren.

Anschließend folgte Leichhardt seinem englischen Freund und finanziellen Gönner William Nicholson auf dessen Einladung nach England. An den Aufenthalt in England schlossen sich Studienreisen nach Frankreich und Italien an. Doch dann traf Ludwig Leichhardt eine verhängnisvolle Entscheidung, die sein späteres Leben ganz maßgeblich beeinflussen sollte. Er kehrte trotz ausdrücklicher amtlicher Aufforderung nicht zurück, um in Preußen am 1. Oktober 1840 endlich seinen Wehrdienst abzuleisten. Leichhardt fragte sich nämlich, „ob ich meinem Land und der Wissenschaft nützlich werden, oder ob ich auf dem Cöpenicker Felde die Exerzitien lernen sollte. Die Regierung entschied für das letztere, ich für das Erstere.“

Fortan galt Ludwig Leichhardt in Preußen als Deserteur und hatte bei Überschreitung der Landesgrenzen seine Verhaftung zu gewärtigen. Mit den Eltern konnte er nur noch brieflich verkehren. Erst als er sich ersten Ruhm als Forschungsreisender erworben hatte und sich sein Cottbusser Schwager Schmalfuß bei dem am Königshof einflußreichen Alexander von Humboldt für ihn verwendete, wurde Leichhardt 1847 per königlichem Erlaß amnestiert und hätte nun wieder ungestraft in sein Vaterland zurückkehren können. Doch nur wenige Monate darauf ist Ludwig Leichhardt auf seiner dritten und letzten Forschungsreise in Australien verschollen. Vermutlich töteten ihn dort Aborigines. Der letzte Brief an die Mutter datiert vom 22. Februar 1848, und am 5. April 1848 sah man Leichhardt zum letzten Male lebend.

Ludwig Leichhardt hatte sich 1841 entschlossen, den damals noch weitestgehend unerforschten Kontinent Australien – nur die Küstengebiete waren einigermaßen bekannt – wissenschaftlich zu untersuchen. Die Durchforschung versprach reiche Ausbeute nicht nur in geographischer Hinsicht, sondern auch auf den Gebieten der Geologie, Zoologie, Botanik und Ethnographie. Nachdem Leichhardt sich in Australien akklimatisiert und in mehreren kurzen Forschungsreisen das östliche Küstengebirge von Newcastle bis Brisbane studiert hatte, brach er 1844/45 zu seiner ersten großen Forschungsreise ins Innere Australiens auf und durchquerte den Kontinent zuerst von Osten in Richtung Norden. Dabei sammelte er wertvolle Erfahrungen in Reisetechniken, um anschließend den ganz großen Wurf zu wagen, den Kontinent von Ost nach West in gesamter Breite zu durchqueren. Seine zweite große Expedition 1846/47 zur Ost-West-Durchquerung scheiterte allerdings an klimatischen Schwierigkeiten und einer dadurch bedingten Meuterei der Expeditionsteilnehmer.

Auf seiner dritten Expedition kam Leichhardt, vermutlich im Frühsommer 1848 in Zentralaustralien, ums Leben. Sein Schicksal konnte bis heute nicht zufriedenstellend geklärt werden.

Zu Lebzeiten publizierte Leichhardt nur wenig, seinen Ruhm als bedeutender Entdeckungsreisender sicherte ihm erst die nach seinem Verschwinden erfolgende Veröffentlichung seiner Aufzeichnungen. Gemäß dem bekannten australischen Historiker Christopher Clark („Die Schlafwandler“) gilt Leichhardt heute als der „Humboldt Australiens“ und ist dort ungeheuer populär, während er in seinem Heimatland weitestgehend vergessen ist. In seinem Geburtstort Trebatsch erinnert allerdings ein spezielles Museum an ihn, und die „Gesellschaft Ludwig Leichhardt Trebatsch e.V.“ hat sich der Pflege seines Andenkens und wissenschaftlichen Erbes verschrieben.

Ludwig-Leichhardt-Museum www.gemeinde-tauche.de

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