© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/13 / 25. Oktober 2013

Aufgeschnappt
Obszönitäten im Revier
Matthias bäkermann

Es ist beileibe nicht der schönste Platz im Ruhrgebiet. Bis zur Stillegung 1968 förderte die „Zeche Concordia“ im Areal hinter dem Hauptbahnhof Oberhausen Steinkohle, die Umstrukturierung danach brachte ein schmuckloses Gewerbegebiet mit Einkaufszentrum und Industriemuseum hervor. Etwas Glanz sollte nun eine Bronzeskulptur herbeizaubern, mitten auf der verkrauteten Insel eines großen Kreisverkehrs postiert. „Concordia“ nennt Bildhauer Jörg Mazur seine viereinhalb Meter große Bronzegöttin – nicht unähnlich der steinzeitlichen „Venus von Willendorf“; natürlich auch in Erinnerung an die Kumpel, die hier hundert Jahre lang „schwarzes Gold“ ans Tageslicht holten.

Was früher jedoch züchtigste Bergleute kaum in Unruhe versetzt hätte, ruft heute sittenstrenge Kritiker auf den Plan. So schimpft Ercan Telli, Geschäftsführer des Integrationsrates, die korpulente Göttin mit nacktem Busen und Po in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung als „obszön“ und zweifelt an der „Akzeptanz vieler Oberhausener“. „Das geht gar nicht“, meckert auch die städtische Gleichstellungsbeauftragte Britta Costecki. Diese „grenzwertige“ Skulptur sei zwar nicht per se sexistisch, reduziere jedoch eine Frau wieder nur aufs Körperliche.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen