© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/13 / 25. Oktober 2013

Zeitschriftenkritik: Ruperto Carola
Annäherung von Glaube und Wissen
Werner Olles

Den „ganz großen Fragen“ widmet sich die aktuelle Themenausgabe des einmal jährlich erscheinenden Forschungsmagazins der Universität Heidelberg Ruperto Carola. Thematisch betreut von einem Beirat aus Wissenschaftlern und externen Journalisten nähern sich die Beiträge zusammenhängenden Themenkomplexen nach dem Woher und Wohin von Mensch, Welt und Umwelt und erstrecken sich von theologischen Reflexionen über kulturelle, gesellschaftliche und historische Diskurse bis hin zu den astronomischen Fragen nach der Entstehung der Welt und der Zeit vor dem Urknall.

Deutlich wird bei dieser Zusammenschau, daß es ganz und gar nicht ungefährlich ist, den Apfel vom Baum der Erkenntnis zu pflücken, denn „die Schlange lauert, und mit ihr die Verführung“, wie Bernhard Eitel, Rektor der Universität und Herausgeber des Magazins, in seinem Editorial schreibt. So berge jede wissenschaftliche Erkenntnis die Chance, unser Leben „himmlischer“ zu machen, ebenso aber auch das Potential zum Mißbrauch. Diese Ambivalenz präge den Wissensdurst von Anbeginn an, seit dem Verlust des Paradieses oder Arkadiens.

Der Theologe Klaus Tanner und die Astronomin Eva Grebel kommen in einem ausführlichen Expertengespräch zu dem Schluß, daß gerade in einer aufgeklärten und säkularisierten Wohlstandsgesellschaft wie der unseren Himmels- und Höllenvorstellungen eine enorme Attraktivität haben. Die Biologie könne etwas ganz Entscheidendes am menschlichen Leben nicht erklären, nämlich wie jeder einzelne von uns mit seinen individuellen Eigenschaften und Charakteristika entsteht, doch sei diese Frage für uns Menschen ganz existentiell und werde in allen Religionen und Mythologien gestellt. Genauso beschäftige sich jeder früher oder später mit dem Gedanken, was nach dem Tod kommt, ob wir weiterexistieren, und wenn ja, wo und in welcher Form. Nach der Trennung der Wege von Theologie und Naturwissenschaften beginne man sich inzwischen langsam wieder anzunähern. Doch gelte es vor allem die Komplexität von Kultur und kulturellen Phänomenen und Entwicklungsprozessen noch sehr viel genauer zu erforschen, um besser zu erkennen, wie Kommunikation, Symbole, Bildsprachen und Ausdrucksformen entstehen.

Was es mit der religiösen Vorstellung vom Himmel auf sich hat, untersucht ein Beitrag von Michael Welker. Der Ordinarius für Systematische Theologie beginnt mit der Religionskritik des 19. Jahrhunderts, für die zum Thema „Himmel“ der deutsche Dichter Heinrich Heine stehe. Dabei werde das religiöse Denken zu Unrecht der „kosmologischen Naivität“ bezichtigt. Das Sieben-Tage-Werk des Schöpfungsberichts sei keineswegs trivial, da das biblische Schöpfungsdenken in zwei Zeitsystemen denke. Die großen Erfolge in der Erkundung des Universums hätten zwar zur Verstärkung der Religionskritik beigetragen, aber auch zur Verstärkung der Religiosität.

Kontakt: Universität Heidelberg, Kommunikation und Marketing. Grabengasse 1, 69117 Heidelberg www.uni-heidelberg.de

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