© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/13 / 01. November 2013

Ricardo Duchesne. Der Historiker seziert die ideologische Basis des Multikulturalismus
Der Dissident
Stefan Michels

Es bedarf schon intellektuellen Mutes, den Multikulturalismus gerade in seinem Musterland als gefährliches und gescheitertes Gesellschaftsexperiment anzuprangern. Der kanadische Universitätsprofessor Ricardo Duchesne ist ein Spielverderber in der Historikerzunft. Erst unterstreicht er den herausragenden Beitrag der Europäer zur Weltkultur in seinem bislang leider nicht auf deutsch erschienenen Opus „The Uniqueness of Western Civilization“. Und nun fordert er die Abkehr von der inoffiziellen Staatsideologie der „Diversität“, stattdessen ein klares Bekenntnis zum europäischen Ursprung des Landes.

Wer in Kanada grundsätzliche Kritik an Multikultur und Masseneinwanderung übt, muß sich darauf gefaßt machen, mit militanter Nichtbeachtung gestraft zu werden. Die Epigonen des liberalen Premierministers Pierre Trudeau, der 1971 die multikulturelle Ära eingeläutet hatte, sind längst in den Schlüsselpositionen der gesellschaftlichen Institutionen angelangt.

Duchesne, der an der Universität von New Brunswik in der gleichnamigen Provinz unterrichtet, ficht die Übermacht nicht an. Er klagt offen die lukrative „Rassismus-Industrie“ an, die an den Hochschulen herrsche, wo der Staat den Lehrplan steuert, indem er zahllose akademische Ehren, Lehrstühle, Zuschüsse und Forschungsaufträge für ideologielastige Studienprogramme ausschüttet, deren Credo lautet: Hauptsache Minderheitenrechte. Den Eurokanadiern hingegen werde es verwehrt, eine eigene kulturelle, religiöse und ethnische Gruppenidentität auszubilden. Ihre gesellschaftlich tolerierte Funktion erschöpfe sich in der Bereitstellung institutioneller Rahmenbedingungen – Demokratie, Rechtsstaat, Marktwirtschaft – für die Gesellschaft. Stellvertretend für die Enteuropäisierung des Landes stehe die Metropole Vancouver, die sich vor der Kulisse britisch geprägter Architektur und Institutionen zu einer asiatischen Stadt gewandelt habe, einem China diesseits des Pazifiks.

Duchesne ist ein widerspenstiger Geist, einer, der sich nicht an das Drehbuch der Linken halten will. Selbst von puertoricanischer, englischer und französischer Herkunft, lehnt der Historiker, der seit 1995 an der Universität lehrt, den Part des Einwanderers ab, der „Vielfalt“ zelebriert und noch mehr Zuzug fordert. Auch den akademischen Marxismus und das pseudokritische Tamtam darum herum ließ er recht schnell hinter sich. Der Marxismus, so Duchesne, sei in den Multikulturalismus übergegangen. Aus dem Ziel, wirtschaftliche Unterschiede zu nivellieren, sei ein Programm zum Einstampfen der kulturellen Identität geworden, der Kulturmarxismus.

Sein Fazit: Wer die einzigartige liberale Kultur des Okzidents retten will, muß ihren ethnisch und kulturell europäischen Charakter bewahren. Das bedeute nicht nur dem Multikulturalismus, sondern auch dem Immigrationismus entgegenzutreten.

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