© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/13 / 01. November 2013

Umwelt
Atomare Aufrüstung
Jörg Fischer

Im September gingen in der japanischen Gemeinde Ōi die letzten beiden Reaktoren des Kepco-Konzerns, der das Monopol auf die Stromversorgung der Region Kōbe-Ōsaka-Kyōto besitzt, wegen „regulärer Wartungsarbeiten“ vom Netz. Seither ist Japan atomstromfrei. Vorerst, denn die Regierung setzt weiter auf Kernkraft – trotz der bislang geschätzten Fuku­shima-Kosten von elf Billionen Yen (81,8 Milliarden Euro). Auch die britische Regierung läßt sich nicht von dem GAU abschrecken. Der vorige Woche mit den Staatskonzernen EDF (Frankreich) sowie CNG und CNNC (China) vereinbarte AKW-Neubau könnte die Stromverbraucher – selbst ungeachtet aller Umweltbedenken – teuer zu stehen kommen. Denn die britischen Politiker haben sich nicht nur das deutsche Totschlagargument „Klimaschutz“ zu eigen gemacht, sondern auch die unerbittliche Logik des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG): Den Atominvestoren wird ein Stromabnahmepreis von 92,5 Pfund je Megawattstunde (10,9 Cent je Kilowattstunde) staatlich garantiert.

Das entspricht dem Doppelten des jetzigen britschen Marktpreises und liegt ein Fünftel über der irrwitzigen EEG-Zwangsvergütung für Windkraft. Hinzu kommt, anders als beim EEG, sogar noch ein Inflationsaufschlag, weil das Milliarden-Projekt frühestens 2023 Strom liefert. Der quasi automatisch steigende Phantasiepreis ist zudem für 35 Jahre garantiert – das EEG sieht „nur“ 20 Jahre vor. Die Lagerung des Atommülls und deren Finanzierung ist noch unklar. Sicher ist aber, daß es für den AKW-Bau in Hinkley Point an der Südwestküste von England loan guarantees von zehn Milliarden Pfund (11,7 Milliarden Euro) gibt. Sprich: Im Zweifel haftet der britische Steuerzahler, sollte das Projekt der französisch-chinesischen Staatskonzernehe scheitern. Und wer hätte gedacht, daß Jürgen Trittins EEG einmal zur Blaupause für die Atomlobby wird?

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