© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/13 / 08. November 2013

Klassiker Gold schlägt Papier
Währungspolitik: Die Kernursache für die Finanz- und Wirtschaftskrise liegt im Papiergeldsystem
Thorsten Polleit

Über die Gründe der vor fünf Jahren ausgebrochenen Finanzkrise wird kontrovers debattiert: Für die einen war es die Globalisierung und Verflechtung der Kapitalmärkte, andere machen die riskanten Subprime-Hypotheken in den USA und ihre Verbriefung zu Asset Backed Securities (ABS) verantwortlich. Viele glauben, durch eine schärfere Regulierung könnten künftige Finanzkrisen verhindert werden. Doch solche Erklärungen kratzen bestenfalls nur an der Oberfläche.

Die Kernursache für die Erschütterungen im Finanz- und Wirtschaftssystem ist im Papiergeldsystem zu finden. Ob Dollar, Euro, chinesischer Renminbi oder Franken: sie alle sind nicht einlösbares Papiergeld, das durch Bankkreditvergabe sprichwörtlich „aus dem Nichts“ geschaffen wird. Dieses Geld ist nicht nur inflationär, es sorgt auch für „Boom-and-Bust“-Zyklen – und eine letztlich untragbare Schuldenlast (JF 45/13).

Über Jahrzehnte haben die Zentralbanken die Kredit- und Geldmengen immer weiter ausgedehnt – zu immer tieferen Zinsen. Daraus erwuchs eine Überschuldungskrise, in der Schuldner – allen voran Staaten und Banken – zusammenzubrechen drohen. Um das zu verhindern, haben die Zentralbanken den Zins auf de facto null Prozent abgesenkt, um den Kredit- und Geldfluß wiederzubeleben. Genau die Politik, die zur Krise geführt hat, wird also noch ungehemmter fortgesetzt als je zuvor.

Dieser geldpolitische Exzeß zeigt Wirkung: Die Stimmung auf den Finanzmärkten hat gedreht. Zuversicht stellt sich ein, daß das Tal der Tränen durchschritten sei. Die Aktienkurse haben die Kursverluste von 2008/2009 nicht nur aufgeholt, und sie erklimmen sogar neue Höchststände. Selbst die Zinsen für strauchelnde Staats- und Bankschuldner fallen. Selbst auch einige „harte“ Konjunkturzahlen in den großen Volkswirtschaften scheinen eine Verbesserung der Wirtschaftslage anzudeuten. Für den unbedarften Investor scheint sich die Wirtschaftslage zu bessern. Doch ein gesunder Aufschwung ist das nicht, weil die Geldpolitiken der Zentralbanken bestenfalls für einen neuerlichen „Scheinaufschwung“ sorgen, der wieder in sich zusammenbrechen wird.

Früher oder später wird jedoch die Abkehr von der Geldpolitik der niedrigen Zinsen unausweichlich, wenn der Wert der Währungen nicht ruiniert werden soll. Dann kommt es unweigerlich zu Zahlungsausfällen von Staaten und Banken, verbunden mit einem tiefen Wirtschaftseinbruch. Ein unbeirrtes Weiter-so, ein Ausweiten der Geldmengen, wird hingegen zu Inflation, im Extremfall zur Hyperinflation führen. Aber bekanntlich ist auch eine Inflationspolitik nicht endlos durchführbar, auch sie kommt zu einem Ende, mündet letztlich in eine Rezession-Depression. Das ist in der Tat die bittere Folge des globalen Papiergeldsystems.

Das Papiergeld mit all seinen ökonomischen und ethischen Defiziten ist längst zu einer schweren Hypothek geworden, die das freiheitliche, produktive und kooperative Wirtschaften ernsthaft bedroht. Der Ausweg aus der Misere ist bestechend einfach: Das staatlich beherrschte Papiergeldsystem muß beendet und durch eine Privatisierung der Geldproduktion ersetzt werden. Die Geldnachfrager müssen die volle Freiheit haben, das Geld zu wählen, das sie zu halten wünschen. Geldanbieter müssen die volle Freiheit haben, ihr Geld anzubieten. In einem solchen Währungswettbewerb wird sich dann das beste Geld durchsetzen – und der Wettbewerb hat faktisch bereits begonnen.

Er zeigt sich etwa in Form der in den vergangenen zehn Jahren merklich gestiegenen Edelmetallpreise, allen voran den Preisen für Gold und Silber. Gold ist trotz des Kursrückgangs seit 2011 derzeit in Dollar gerechnet immer noch viereinhalbmal so teuer wie zum Euro-Start 1999. Hinzu kommen neue Mitbewerber wie das Cyber-Tauschmittel „Bitcoin“. Das Papiergeld hat damit ernstzunehmende Konkurrenz. Die Wertaufbewahrungsfunktion wird ihm bereits zusehends abspenstig gemacht.

Das Endergebnis dieses „Graswurzel“-Währungswettbewerbs läßt sich zwar nicht vorhersagen; schließlich ist der Wettbewerb ein Entdeckungsverfahren. Doch es wäre mit Blick auf die Währungsgeschichte alles andere als verwunderlich, wenn dem Gold künftig die Ankerwährungsfunktion zugewiesen wird. Oder wie es Bundesbankpräsident Jens Weidmann vor einem Jahr treffend formulierte: Gold sei „der zeitlose Klassiker in seiner Funktion als Tausch-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel“.

Aufgrund seiner physischen Eigenschaften ist Gold ein ideales Geld: Es ist knapp, homogen, haltbar, prägbar, teilbar, transportabel und allgemein wertgeschätzt. Das Goldgeld ist vermutlich das beste Geld, das die Menschheit jemals hatte. Der Übergang vom Papier- zu einem Geld, das im freien Wettbewerb nachgefragt und produziert wird, dürfte beschwerlich und turbulent für die Volkswirtschaften werden. Vieles, was im Zuge des Papiergeldbooms profitabel war, wird als unprofitabel entzaubert. Und auch ein Großteil der in Papiergeld ausgewiesenen Ersparnisse wird sich im wahrsten Sinne des Wortes als „Scheinvermögen“ entpuppen.

Doch eine Abkehr vom Papiergeldsystem ist letztlich unumgänglich, weil das Papiergeld die Grundlagen der Marktwirtschaft zusehends aushöhlt, gerade auch durch die wirtschaftlichen und politischen Fehlentwicklungen, die es zwangsläufig verursacht. Doch zur Marktwirtschaft gibt es bekanntlich keine Alternative – wie die Verelendung und letztlich der Untergang der zentralverwalteten Volkswirtschaften in Osteuropa vor einem Vierteljahrhundert eindrücklich gezeigt hat. Der Währungswettbewerb, der international bereits unverkennbar in Gang gekommen ist, ist daher eine konstruktive Entwicklung, in der durchaus vorstellbar ist, daß das Goldgeld künftig das ungedeckte Papiergeld ablöst.

 

Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Chefökonom der Degussa Goldhandel GmbH. Am 8. November referiert er auf der Edelmetallmesse in der Event Arena im Olympiapark München über „Die Rolle des Goldes im Währungssystem“.

www.edelmetallmesse.com

JF im Gespräch Seite 2

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